zum Hauptinhalt
242284_3_xio-fcmsimage-20081130211425-006000-4932f42195428.heprodimagesfotos832200812012goq1628.jpeg

© dpa

Supertalent: Der Star von der Straße

Michael Hirte spielte jahrelang Mundharmonika in Potsdams Fußgängerzone – und gewann jetzt die RTL-Show "Supertalent 2008". Das gewonnene Geld will er in die eigene Musik investieren und alte Schulden begleichen.

Potsdam - Es mag ihm vorkommen wie ein Weihnachtsmärchen. Michael Hirte, der Brandenburger Straßenmusikant mit der Mundharmonika, ist das „Supertalent 2008“. Der arbeitslose, durch einen Verkehrsunfall körperlich stark beeinträchtigte 44-Jährige aus Kartzow nordwestlich von Potsdam ist damit um 100 000 Euro reicher – dank der Siegprämie der RTL-Show, deren sechs Millionen Zuschauer ihn zu ihrem Liebling gewählt haben. Am Sonntag kurz nach Mitternacht verkündete der Moderator das Ergebnis. „Wahnsinn, unwahrscheinlich“, rang Hirte in den Minuten nach dem Sieg um Worte, das Basecap, sein Markenzeichen, rutschte in den Nacken, mit ungläubigem Ausdruck ließ er sich feiern.

Zuvor hatte der Mann mit den verwaschenen Jeans das Publikum und die Jury im Kölner Coloneum mit seinem „Ave Maria“ begeistert, das in den vergangenen Jahren schon auf Potsdams Fußgängerzone, der Brandenburger Straße, sein größter anrührender Hit war. Dort spielte er es immer selbstbewusst vom ersten Ton an – in Köln zitterte er bei den ersten Takten vor Aufregung. Später aber stand das Publikum auf den Rängen, rief um Zugabe.

Der einstige Berufskraftfahrer lag zu Beginn der 90er Jahre nach einem schweren Unfall mit seinem Laster zwei Monate im Koma. Seither ist er auf einem Auge fast blind und wegen eines vierfach gebrochenen Beines gehbehindert. Hirte rutschte in die Arbeitslosigkeit, lebt heute von Hartz IV, seine Frau hat ihn verlassen.

„Irgendwann habe ich vor Jahren meine Mundharmonika geschnappt und begonnen, für mich zu spielen“, erzählt er. Das Instrument und die Musik hätten ihn davor bewahrt, „dahinzusiechen“. Als Straßenmusiker auf der Potsdamer Einkaufsstraße erspielte er sich zusätzliche Euros, obwohl ihn dies anfangs „viel Überwindung“ gekostet habe. Doch schon bald erlebte er freudig, „wie die Menschen wegen meiner Musik lächeln und stehen bleiben“. Deshalb will Hirte auch künftig nicht ganz auf die Straßenmusik in Potsdam verzichten. Die RTL-Show sei Stress gewesen, da sehne er sich manchmal „nach der Ruhe auf der Straße zurück“.

Schon kurz vor dem „Supertalent“-Finale war dem Mann aus Kartzow ein Plattenvertrag angeboten worden, auch als Talk-Show-Gast ist er gebucht. Ärger hatte er indessen mit seiner Ex-Frau, die ihn in einer Boulevardzeitung beschuldigte, ein Trinker und Schläger zu sein. Eine Anzeige gegen Hirte wurde aber wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Hirte ist nun erst mal zu seiner Familie in seine Geburtsstadt Lübbenau gefahren. Das gewonnene Geld will er in die eigene Musik investieren. Und der Schwester will er den bislang in Raten abgestotterten, von ihr gekauften Gebrauchtwagen nun gleich komplett bezahlen. Damit geht es dann nach Wiesbaden, wo Michael Hirte am 21. Dezember sein erstes Konzert als „Supertalent“ gibt. „Da wird es sicherlich viel Weihnachtliches geben“, kündigt er an. Und vielleicht steht dann auch schon eine CD Hirtes in den Läden: „Eine eigene Weihnachtsplatte, das wäre mein Wunsch zum Fest.“

Kay Grimmer

Zur Startseite