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Brandenburg: Suphi Kaya gibt nicht auf: Döner als Willkommensgruß

WITTSTOCK .Döner auf dem Marktplatz, Döner vor dem Rathaus, der Kirche und im Schulhof, Döner selbst vor dem Museum und im Bahnhof - eine ganze Stadt scheint vom Döner-Fieber gepackt zu sein.

WITTSTOCK .Döner auf dem Marktplatz, Döner vor dem Rathaus, der Kirche und im Schulhof, Döner selbst vor dem Museum und im Bahnhof - eine ganze Stadt scheint vom Döner-Fieber gepackt zu sein.Bauleute, Geschäftsmänner, Blondinen, Rentner, der Bürgermeister und sein Gefolge, Polizisten und Soldaten, ja selbst vierjährige Steppkes beißen mit Wollust in das gefüllte Fladenbrot.Wer im 90 Kilometer nördlich von Berlin gelegenen Wittstock noch nicht auf den Geschmack dieser türkischen Spezialität gekommen war, holt das in diesen Tagen nach.

Der 31jährige Suphi Kaya überschwemmt die Stadt mit Dönern, die er entweder kostenlos oder bis zum Sonntag zum halben Preis abgibt.Die Menschen drängeln sich so vor seinem Restaurant in der Nähe des Rathauses, daß er sie nur schubweise hereinlassen kann."Den Leuten schmeckt es, und vielleicht zeigen sie uns mit ihrem Besuch, daß wir in ihrer Stadt willkommen sind", sagt Geschäftsinhaber Kaya.Vor zwei Monaten war sein alter Imbiß nach einem spektakulären Brandanschlag ausgebrannt.

Der 31jährige ist sichtlich berührt von den vielen Blumen, Geschenken und Karten, die ihn zur Neueröffnung erreichten.Wittstocks Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) saß drei Stunden im neuen Gastraum und brachte einen alten Stich von der Stadtsilhouette als offiziellen Gruß vorbei.Er weiß, wie schnell gerade ein Ort in Brandenburg mit dem Etikett eines fremdenfeindlichen Ortes belegt werden kann.

"Es war ein 16jähriger Schüler, der die Brandflasche geworfen hatte.Es war ein Schüler unserer Stadt.Wir schämen uns", sagt er und erzählt von Plänen, wie so ein Vorfall künftig vermieden werden könne."Wir rechnen dem Mann seinen Mut, sich durch den Anschlag seine Existenz nicht zerstören zu lassen, hoch an." Er wirkt irgendwie erleichtert.Seine Stadtverwaltung hat in den letzten Wochen dem Türken geholfen, ein neues und viel größeres Restaurant eröffnen zu können.Die Brandruine liegt nur wenige Meter entfernt.

Den geständigen Täter, der mit Freunden um 50 Mark gewettet hatte, daß er die Brandflasche tatsächlich wirft, erwartet eine Anklage wegen Mordversuches.In dem ausgebrannten zweistöckigen Haus des Imbisses hielten sich zur Tatzeit die beiden Kinder des Besitzers und ein Neffe auf."Meine Haare waren leicht verbrannt", erzählt der zehnjährige Mustafa."Aber alles ist wieder nachgewachsen.Es sieht wieder schön aus."

Ganz so leicht vergißt sein Vater die schreckliche Februarnacht nicht.Er kam gerade von seinem zweiten Imbiß im weiter westlich liegenden Perleberg, als er die Flammen aus dem Haus schlagen sah.Doch auf der Straße rannten ihm schon die drei Jungs entgegen.Geistesgegenwärtig hatten sie sofort die Wohnung über dem Imbiß verlassen.Die alarmierte Feuerwehr konnte nichts mehr retten.

Wenige Tage nach der Festnahme des tatverdächtigen Jungen stand dessen Vater vor Suphi Kaya."Er weinte nur und bat um Verzeihung", erinnert sich der Restaurantbesitzer.Das habe ihn sehr beeindruckt.Doch der Anschlag auf sein Haus im Februar war nicht der erste Vorfall.Fast genau ein Jahr zuvor hatte schon einmal ein Brandsatz Aufregung im Imbiß verursacht.Der funktionierte glücklicherweise nicht."Das waren damals die Nazis.Die haben uns einen großen Schrecken eingejagt", sagt Kaya, der seit 1990 in Berlin lebt.1995 feierte er die Eröffnung seiner Kioske in Perleberg und Wittstock.

Auf der Speisekarte seines neuen Restaurants stehen neben allerlei türkischen Spezialitäten auch Pommes frites und ein amerikanischer Salat."Die Kunden verlangen danach, und wir stellen uns darauf ein", erklärt ein lächelnder Besitzer, der ganz Wittstock in diesen Tagen in Knoblauchgeruch hüllt.

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