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Brandenburg: Tatverdächtige aus Potzlow müssen zum Psychiater

Ermittler: hohes Maß an Brutalität / Heute Demonstration am Tatort

Potzlow. Die Ermittlungen im Mordfall des 17-jährigen Schülers Marinus Sch. aus Potzlow befördern immer mehr grausige Details zu Tage. Demnach wurde der Junge am Tag seines Todes von seinen späteren Mördern systematisch zum Feindbild aufgebaut, bevor er mit größter Brutalität umgebracht wurde. Zum Gegner wurde er durch die Beschimpfung als Jude, was laut Ermittlungen zuvor nie passiert war. Für die Staatsanwaltschaft steht damit fest, dass Marinus Opfer einer rechtsradikal motivierten Straftat geworden ist. „Alle Hinweise und Zeugenvernehmungen in der vergangenen Woche sprechen dafür“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Gert Schnittcher.

Der Chefankläger widersprach damit der CDU-Fraktionschefin im Brandenburger Landtag, Beate Blechinger. Sie hatte zumindest für den vermutlichen Haupttäter von Potzlow einen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat bestritten und vor allem familiäre Verhältnisse verantwortlich gemacht.

Wie aus Ermittlerkreisen bekannt wurde, musste Marinus vor seinem Tod eine schier unbeschreibliche Quälerei erdulden. Durch Steine und andere Gegenstände seien das Gesicht und andere Körperteile schließlich so entstellt gewesen, dass sich die drei Haupttäter offenbar zum Äußersten entschieden. „Mit dem Vergraben der Leiche wollten sie die vorangegangen Attacken verdecken“, urteilte Oberstaatsanwalt Gert Schnittcher. Er will die mutmaßlichen Täter wegen des hohen Maßes an Brutalität von einem Psychiater begutachten lassen. Doch vor dem Mord waren laut Staatsanwaltschaft fünf bis sechs Personen Zeugen der Misshandlungen. Die drei Haupttäter hätten auf ihr Opfer in zwei Wohnungen eingeschlagen, ehe sie es in einem ehemaligen Schweinestall am Dorfrand ermordeten, erklärte Schnittcher.

Die Zeugenvernehmungen seien noch nicht abgeschlossen. Danach würde über das weitere Vorgehen entschieden. Eine mögliche Anklage würde sich auf das Delikt einer unterlassenen Hilfeleistung konzentrieren. Zwei der drei in Haft sitzenden Verdächtigen im Alter von 17 und 23 Jahren haben den bestialischen Mord am 12. Juli gestanden. Den Toten verscharrten sie in der ehemaligen Jauchegrube. Erst als einer der Täter den Ort der Leiche wegen einer Wette ausplauderte, wurden die sterblichen Überreste vor zwei Wochen gefunden. Am Tatort selbst sollen sich außer den drei Tätern und dem Opfer keine weiteren Zeugen aufgehalten haben, ermittelte die Polizei.

Am heutigen Sonnabend wollen mehrere antifaschistische Gruppen aus Berlin und Brandenburg gegen rechte Gewalt demonstrieren – unter anderem vor dem Jugendzentrum Strehlow bei Potzlow, wo Täter und Opfer verkehrten.

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