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Brandenburg: Teure Kohle

Weil das hochmoderne Kraftwerk in Cottbus nicht richtig funktioniert, muss jetzt das Land zahlen

Cottbus/Potsdam - Für die Weltausstellung Expo 2000 in Hannover war es ein externes Projekt, für Brandenburg war es ein Renommier-Vorhaben. Doch heute ist das neue Heizkraftwerk in Cottbus, das mit einer völlig neuen Technologie Braunkohle verarbeitet und den Abbau des heimischen Energieträgers aus der Lausitz stabilisieren sollte, ein Verlustbringer der Cottbuser Stadtwerke. Das 200 Millionen Euro teure Werk – davon waren 40 Millionen Euro Fördermittel von Land und EU – funktioniert bis heute nicht richtig, und auch deshalb droht den Stadtwerken jetzt die Insolvenz.

Das geht aus einer Vorlage von Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns und Innenminister Jörg Schönbohm (beide CDU) hervor, die das Kabinett in Potsdam gestern beschlossen hat. Um die Pleite und die „Durchgriffshaftung“ von Gläubigern auf die Stadt abzuwenden – die ihr Geld dann von Cottbus verlangen könnten –, stellt das Kabinett den Stadtwerken bis zu fünf Millionen Euro in Aussicht, die aus dem Sonderfonds für Kommunen in extremen finanziellen Notlagen kommen sollen. Hintergrund ist offenbar auch die Sorge, dass bei einer Insolvenz der Cottbuser Stadtwerke die Banken die Kreditkonditionen für kommunale Unternehmen in Brandenburg verschärfen könnten.

Allerdings dürften die Landeshilfen erst bewilligt werden, wenn ein „tragfähiges Sanierungskonzept mit angemessenen Beiträgen aller Beteiligten“ vorliegt, erklärte Regierungssprecher Thomas Braune. Das hieße, auch die Braunkohlelieferanten, die Stadt und die Banken müssten auf Geld verzichten.

Der Cottbuser Stadtkonzern, der neben dem Heizkraftwerk für Strom und Fernwärme auch den Nahverkehr in Cottbus und die Müllentsorgung betreibt sowie am Lokalflughafen in Neuhausen beteiligt ist, befindet sich in einer dramatischen Schieflage. Bei einem Gesamtumsatz von 140 Millionen Euro im Jahr 2004 hätten die Stadtwerke mit 800 Mitarbeitern einen Verlust von 17 Millionen Euro erwirtschaftet, heißt es in der Vorlage. Neben ungeplanten Umsatzausfällen – gemeint sind sinkende Strompreise durch die Liberalisierung der Energiemärkte – werden als ein Hauptgrund der Verluste „hohe Ersatzbeschaffungskosten aufgrund nicht vollständig ausgereifter Kraftwerkstechnologie“ genannt. Weil die Anlage öfter ausfiel, musste teures Erdgas eingekauft und zugefeuert werden – was die Betriebskosten in die Höhe trieb.

Der Fall hat in mehrerer Hinsicht eine landespolitische Dimension. So erinnert man sich im Potsdamer Rathaus mit Erleichterung an den heftigen Streit um den Bau eines neuen Heizkraftwerkes Mitte der 90er Jahre: Die Stadtregierung unter dem damaligen Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) ließ das Potsdamer Werk auf Erdgasbasis errichten – obwohl die Landesregierung massiven Druck ausübte, ein Braunkohle-Kraftwerk zu bauen. Protestierende Braunkohle-Kumpel aus der Lausitz hatten 1994 sogar wochenlang das Rathaus blockiert.

Zudem ist das unausgereifte Braunkohlekraftwerk wohl nicht der einzige Grund für die Cottbuser Beinahe-Pleite. Eine Rolle spielt auch, wie der Vorlage zu entnehmen ist, dass die Stadtwerke wiederholt defizitäre Stadtprojekte übernehmen mussten – wie etwa die Beteiligung an dem Flughafen. Darin ist Cottbus kein Einzelfall. Zitat: „Der Sanierungsfall macht deutlich, dass trotz bekannter Problemlagen – etwa bei kommunalen Wohnungsunternehmen – ein auf Ebene der Landesregierung geeignetes Krisenmanagement … nicht existiert.“

Bestätigt sehen kann sich Brandenburgs Landesrechnungshof: Er hatte wiederholt gewarnt, dass sich Kommunen mit riskanten Unternehmungen und Firmenbeteiligungen finanziell überheben.

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