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Brandenburg: Toter in der Garage gibt Rätsel auf

Warum wurde sein Skelett erst nach 22 Jahren gefunden? Für Verwicklung der Stasi gibt es keine Hinweise

Von Sandra Dassler

Bergholz-Rehbrücke - Der Arzt Siegfried B., dessen Leiche wie berichtet am Montag – 22 Jahre nach seinem Verschwinden – gefunden wurde, hat mehrere Abschiedsbriefe hinterlassen. Das sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wilfried Lehmann, gestern dem Tagesspiegel: „In keinem der Briefe findet sich ein Hinweis darauf, dass der Tod beziehungsweise der mögliche Suizid von Herrn B. in Zusammenhang mit der DDR-Staatssicherheit stand. Es wurden ausschließlich private Gründe genannt.“

Siegfried B. war am 30. März 1985 verschwunden – kurz nach seinem 50. Geburtstag. Er wolle nur mal kurz nach draußen, soll er gesagt, und eine Decke, ein Kissen sowie eine Flasche Schnaps mitgenommen haben. Bauarbeiter fanden seine skelettierte Leiche jetzt unter dem Dachboden seiner Garage. 22 Jahre lang hatte die Frau im Haus nebenan gelebt.

B.s Verschwinden hatte bereits 1985 zu Gerüchten in Bergholz-Rehbrücke geführt. Er sei als missliebiger DDR-Kritiker von der Stasi entführt worden, hieß es. Aus diesem Grund hatte es nach 1990 eine umfangreiche Untersuchung des Vorgangs gegeben. Nach mehreren Jahren und Sichtung von Akten der Gauck-Behörde stand allerdings für die Ermittler fest: Die Stasi hatte nichts mit dem Verschwinden des Arztes zu tun. Man werde deshalb auch nicht prüfen, ob die Abschiedsbriefe tatsächlich von Siegfried B. stammen, sagte Staatsanwalt Lehmann gestern: „Wir führen ein Todesermittlungsverfahren – für die Vermutung, dass jemand anderes als B. die Briefe geschrieben hat, gibt es keineAnhaltspunkte.“

Trotzdem bleiben viele Fragen offen. Wieso hat niemand etwas gerochen als die Leiche verweste– auch nicht die Ehefrau, die gegenwärtig nicht mit der Presse sprechen will. Vor allem aber: Wieso wurde Siegfried B. damals nicht gefunden? Auch in der DDR verfügte man über gut ausgebildete Ermittler. Verschwand ein Mensch, wurde für gewöhnlich jeder Stein umgedreht, um ihn zu finden. Und wenn B. tatsächlich mit Decke, Kissen und Schnaps auf den Dachboden stieg, um zu sterben, hätte – darin sind sich Experten einig – jeder Polizeihund noch Tage später seine Spur aufnehmen und die Polizisten schnurstracks zu der Leiche führen müssen.

Warum B. damals nicht gefunden wurde, wird aber wohl nicht mehr untersucht werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nur die Todesursache. Sollte das toxikologische Gutachten ergeben, dass sich der Arzt vergiftet hat und kein Fremdverschulden vorliegt, ist der Fall erledigt. Um herauszufinden, was damals bei der Suche schiefgelaufen ist, müsste man alte Polizeiakten sichten. Die gibt es zwar, weil nach der Wende alles im Potsdamer Zentralarchiv gelagert wurde. Aber im Innenministerium, das eine Untersuchung anordnen müsste, besteht daran, so hieß es gestern, keinerlei Interesse.

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