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Brandenburg: Trennungsgeld: Rechnungshof deckt neue Fälle auf

1,4 Millionen Euro sollen unberechtigt an Richter und Staatsanwälte gezahlt worden sein. PDS kritisiert schleppende Aufarbeitung

Potsdam - Die Trennungsgeldaffäre in Brandenburgs Justiz hat noch größere Ausmaße als bisher bekannt: Nach Informationen des Tagesspiegels hat der Landesrechnungshof im Zuge eigener Prüfungen rund 140 Fälle festgestellt, in denen Entschädigungen für getrennten Wohn- und Arbeitsort zu Unrecht an Richter und Staatsanwälte im ganzen Land gezahlt worden sind. Viele dieser Fälle waren bisher nicht bekannt. Der Schaden beläuft sich auf etwa 1,4 Millionen Euro. Diese Zahlen stehen laut Insidern in dem 450 Seiten starken Prüfbericht des Rechnungshofes, der seit letzter Woche dem Justizministerium vorliegt. Damit hat der Rechnungshof die von ihm im Sommer 2004 begonnene Überprüfung der Trennungsgeldzahlungen aller Ministerien weitgehend abgeschlossen.

Die Affäre war im Spätsommer 2003 durch Vorwürfe gegen Ex-Justiz-Staatssekretär Gustav-Adolf Stange ausgelöst worden. Eine daraufhin eingesetzte externe Kommission unter Vorsitz des früheren Bundesrichters Paul Schwarz hatte Anfang 2004 im Justizministerium und bei den Präsidenten der Obergerichte 33 von 70 geprüften Fällen beanstandet, darunter waren auch Behördenchefs. Von einer weiteren externen Kommission unter Leitung des Trennungsgeld-Experten Wolfhart Schulz, der die Entschädigungszahlungen der gesamten Regierung untersuchte, wurden im April 2004 im Justizbereich 175 Fälle beanstandet.

Der Rechnungshof hat sich bei seiner eigenen Prüfung deshalb nur auf die dem Justizministerium nachgeordneten Behörden konzentriert, also Staatsanwaltschaften und Gerichte. Einige der von ihm beanstandeten Fälle wurden schon bei einer der früheren Untersuchungen aufgedeckt – viele andere aber nicht. In einem Fall wurde Trennungsgeld, eigentlich nur für eine Übergangszeit bis zum Umzug an den neuen Arbeitsort gedacht, fast sechs Jahre lang gezahlt. Eine ledige Richterin kassierte vier Jahre lang 45 000 Euro.

Der PDS-Politiker Heinz Vietze forderte das Justizministerium jetzt auf, schnell auf die Ermittlungsergebnisse der Rechnungsprüfer zu reagieren und die zu Unrecht gezahlten Summen unverzüglich zurückzufordern. Bisher lasse man sich dort viel Zeit. Von den 299 bereits bekannten Fällen im Justizbereich wurden laut Vietze 217 Verfahren eingestellt und nur in 82 Fällen Rückforderungsbescheide über 356 000 Euro ausgestellt. Die PDS findet es auffallend, dass in der Justiz die meisten Verfahren eingestellt werden. Dem Vernehmen nach soll auch der Rechnungshof in seinem jetzt vorliegenden Bericht daran Anstoß nehmen. So soll unter anderem das Oberlandesgericht Akten geschlossen haben, obwohl die Rechtmäßigkeit der Bewilligungen laut Rechnungshof nach wie vor zweifelhaft ist.

Insgesamt sind bei 561 in allen Ministerien beanstandeten Fällen nur 168 Rückforderungsbescheide in Höhe von 1,384 Millionen Euro ergangen. Davon flossen bisher erst ganze 150000 Euro in die Landeskasse zurück. Vietze forderte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern auf, bis Ende Oktober den Abschlussbericht der Landesregierung zur Trennungsgeld-Affäre vorzulegen. Obwohl Platzeck im Januar 2004 eine zügige Aufklärung und Aufarbeitung versprochen habe, ziehe sich die Affäre hin.

Michael Mara

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