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Brandenburg: Um der lieben Basis willen

Michael Mara

Nun also Waffenstillstand. Die tief zerstrittene CDU-Parteispitze hat sich im Machtkampf um die Nachfolge von Jörg Schönbohm darauf verständigt. Nachdem man zwei Monate aufeinander eingedroschen, aus dem Hinterhalt geschossen und eine fiese psychologische Kampfführung betrieben hat, geloben die verfeindeten Lager jetzt Zurückhaltung. Kehrt in die brandenburgische CDU etwa doch noch Einsicht und Vernunft ein? Besinnt sich die Partei?

Mit moralischen Erklärungsmustern sollte man in der Politik vorsichtig sein. Die Wahrheit ist vielleicht ganz simpel und hat mit Machttaktik zu tun: Denn mehr und mehr kommt als kampfentscheidender Faktor die Parteibasis ins Spiel, die am 27. Januar entscheiden soll, wer Schönbohms Nachfolger wird: der mit allen Wassern gewaschene, aber über die E-Mail-Affäre gestürzte Ex-Generalsekretär Sven Petke oder der seriöse, aber politisch blasse Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns – Schönbohms Wunschkandidat. Außerhalb des christdemokratischen Potsdamer Berufspolitikerklüngels, in den Ortsvereinen der Lausitz, Prignitz oder Uckermark, hat man für die Scharmützel der Parteispitze, für das öffentliche Waschen schmutziger Wäsche, keinerlei Verständnis mehr. Diese Stimmung kann niemand negieren, der in der CDU Einfluss haben oder behalten will. Es gilt: Wer weiter polarisiert und eskaliert, der riskiert es, auf dem Parteitag bestraft zu werden. Also nimmt man sich erst einmal zurück. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Vielleicht wächst bei manchen Christdemokraten mittlerweile auch die Erkenntnis, dass man sich notgedrungen arrangieren muss. Schließlich gibt es auch eine Zeit nach dem 27. Januar. Und ganz egal, wer zum Vorsitzenden gewählt wird – danach braucht er die andere Seite. Er muss mit ihr kooperieren, muss versuchen, die innerparteilichen Gegner einzubinden, wenn er nicht scheitern will. Und ebenso wie die sich um sein Erbe Streitenden muss auch Schönbohm selbst ein Interesse daran haben, dass in den letzten Wochen seiner Amtszeit wieder halbwegs Ruhe einkehrt. Es geht um sein politisches Lebenswerk – aber auch um seine Rolle in der Bundespartei, die Schönbohm wichtig ist. Seine Chancen, als wertkonservative Symbolfigur Ende November wieder ins Präsidium der CDU gewählt zu werden, sind durch die Affären und Auseinandersetzungen in der märkischen Union gesunken. Wer die eigene Landespartei nicht im Griff hat, der hat es schwer, Unterstützer in anderen Landesverbänden zu finden, wie Schönbohm gerade erfahren muss. Andererseits kann auch Brandenburgs CDU nichts gewinnen, wenn sie Schönbohm weiter beschädigt.

Also gilt ab jetzt Fair Play? Da bleiben Zweifel, massive sogar. Ein Waffenstillstand bedeutet nicht, dass der Frieden hergestellt ist. Die märkische CDU hat seit der Wende viele Machtkämpfe erlebt, doch noch nie waren die Fronten so verfestigt wie heute. Beide Kandidaten haben nicht die Autorität in der Partei, die ein Vorsitzender eigentlich braucht. Und schließlich haben die letzten Wochen bereits gezeigt, dass in Brandenburgs CDU die Gesetze der politischen Logik auch ganz schnell außer Kraft gesetzt werden können.

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