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Brandenburg: Unruhige Union

Nicht jeder Christdemokrat versteht die Personalpolitik des Parteichefs Schönbohm. Aber noch wagen nur wenige offene Kritik

Potsdam - Der Vorgang sprach Bände: CDU-Landeschef Jörg Schönbohm bat Montagabend auf dem kleinen Parteitag der Union darum, seine umstrittenen Personalentscheidungen nicht zu erörten. „Die Presse ist schlecht genug, wir müssen Geschlossenheit zeigen“, hatte schon vor Beginn der Veranstaltung ein führender Christdemokrat konstatiert. Die 110 Delegierten erfüllten den „Befehl“ ihres Generals: Es gab eine belanglose Debatte über den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag, die nicht einmal 15 Minuten dauerte. Dann segneten die Delegierten mit drei Gegenstimmen und vier Enthaltungen den Koalitionsvertrag mit der SPD ab. Schönbohm bedankte sich, dass man seinen Wunsch gefolgt sei Und er fügte hinzu: „Ich weiß, das wird weiter erörtert.“ Ja, Schönbohm kennt seine Partei.

Tatsächlich haben seine Entscheidungen – Ablösung der Justizministerin Barbara Richstein durch die bisherige Fraktionschefin Beate Blechinger und die für heute vorgesehene Wahl von Generalsekretär Thomas Lunacek zum neuen Fraktionschef und damit zum zweiten starken Mann in der Union – Turbulenzen ausgelöst. „Es gibt Fragen, vereinzelt auch Unverständnis und Verbitterung“, bestätigte ein Landesvorstandsmitglied am Rande des Parteitages. Die Erklärung, man habe Richstein „aus dem Feuer“ nehmen müssen, in das sie wegen ihres rigiden Vorgehens in der Trennungsgeldaffäre bei Richtern und Staatsanwälten geraten sei, ist manchen dann doch zu dürftig. Man vermutet, dass Blechinger „versorgt“ werden musste. Als Schönbohm auf dem Parteitag ankündigte, dass Richstein heute für den Vize-Fraktionsvorsitz kandidiere, gab es starken Beifall. Auch der Wechsel an der Spitze der Fraktion ist umstritten. Der bisherige parlamentarische Geschäftsführer Dierk Homeyer fühlt sich übergangen, das Verhältnis zwischen ihm und Schönbohm ist eisig. Seine Nachfolgerin soll die junge Kreischefin von Potsdam-Mittelmark, Saskia Funck, werden, die ihren Wahlkreis direkt gewonnen hat: Homeyer und andere argumentieren, dass sie „völlig unerfahren“ sei. Für den zweiten Vize-Posten gibt es mehrere Bewerber, neben dem Potsdamer Kreischef Wieland Niekisch auch den Kreischef von Elbe-Elster, Wilfried Schrey.

Der Kreischef von Havelland, Dieter Dombrowski, hatte bereits im Landesvorstand Zweifel an der Wahl Lunaceks zum Fraktionschef geäußert, weil er als Generalsekretär Verantwortung für die Wahlniederlage trage. Homeyer ist verbittert, weil er sich für besser befähigt hält. Der tiefere Grund für die Unruhe: Schönbohm formiert das Personal neu, obwohl die Wahlniederlage bisher nicht aufgearbeitet worden ist. „Umgekehrt wäre es richtig gewesen“, sagen viele. Manche werfen Schönbohm auch taktische Fehler im Wahlkampf vor, doch das sprach gestern Abend niemand aus. So ist das oft in der märkischen CDU.

Michael Mara

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