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Brandenburg: Urteil trotz Flucht: Haft für Betrüger

Elfeinhalb Jahre für 44-Jährigen, von dem seit zwei Wochen jede Spur fehlt

Berlin - Das Gericht listete die skrupellosen Taten des Martin R. auf. Er habe betrogen, gefälscht, Menschen in den finanziellen Ruin getrieben. „Die Strafe muss hoch sein, es muss nachhaltig auf ihn eingewirkt werden“, sagte der Vorsitzende Richter Reinar Mülders. Gegen den 44-jährigen R. erging eine Haftstrafe von elf Jahren und sechs Monaten. Noch aber fehlt von dem Millionen-Betrüger jede Spur. Vor zwei Wochen flüchtete er aus dem Kriminalgericht Moabit, gestern wurde er in Abwesenheit verurteilt.

Martin R., ein früherer Autohändler, gilt als raffiniert und skrupellos. „Er hat über Jahre hinweg mit großer Akribie Straftaten geplant und ausgeführt“, befanden die Richter. Er lockte nach Überzeugung des Gerichts geschäftlich unerfahrene Grundstücksbesitzer mit Darlehen an, erschlich sich im Gegenzug Eintragungen in die Grundbücher und pochte auf Zahlung der horrenden Summen. Er stritt unerbittlich vor Zivilgerichten – mit gefälschten Urkunden, mit Zeugen, die er für ihre Falschaussagen präpariert hatte, mit Strafanzeigen als Druckmittel. Drei Eigentümer verloren ihre Grundstücke nach Zwangsvollstreckungen, andere Fälle sind noch anhängig.

Als der Prozess im August letzten Jahres begann, saßen 13 weitere Männer und Frauen mit auf der Anklagebank, darunter die Mutter und der Bruder des Millionen-Betrügers. Die Komplizen, die Martin R. nach Einschätzung des Staatsanwalts „wie Marionetten“ steuerte, haben ihn zum Teil schwer belastet und wurden schon vor Monaten verurteilt. Die Beweislage war auch auf Grund von gefälschten Unterlagen, die man bei dem Betrüger gefunden hatte, ziemlich gut.

Für Häftling Martin R. galten lange strenge Sicherheitsvorkehrungen – wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr. Auf Anordnung des Gerichts wurde er von zwei Wachtmeistern und mit Handschellen gefesselt zum Prozess vorgeführt. R. reagierte mit stillem Trotz, wirkte apathisch und verwahrlost. Nach knapp 50 Prozesstagen aber schien er wie ausgewechselt. Rasiert, die Haare geschnitten und mit selbst verfassten Beweisanträgen trat er vor die Richter. Da lockerte das Gericht die Sicherheitsvorkehrungen.

Es war eine Mittagspause, die R. für seine Flucht nutzte. In der Vorführzelle im Keller bedrohte er seinen einzigen Bewacher mit einer Scherbe und fesselte ihn. Mit dem Schlüsselbund des Justizbeamten entkam er unbemerkt. Die Aktion war offenbar von langer Hand geplant. Zum Fesseln hatte R. in Streifen geschnittene Geschirrtücher benutzt. In seiner Zelle fand man Lehrbücher für Englisch und Portugiesisch.

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