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Brandenburg: Verteidigung provoziert Ulrikes Eltern

Das für den 1. November erwartete Urteil gegen den mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder der zwölfjährigen Ulrike Brandt wird voraussichtlich erst zwei Wochen später gesprochen.

Das für den 1. November erwartete Urteil gegen den mutmaßlichen Vergewaltiger und Mörder der zwölfjährigen Ulrike Brandt wird voraussichtlich erst zwei Wochen später gesprochen. Zuvor will die Verteidigung des angeklagten Stefan J. Zeugen zu dessen Trinkgewohnheiten hören. Für Verzögerung sorgten am gestrigen achten Verhandlungstag auch Anträge eines Verteidigers, die das Gericht zurückwies.

Die Vorsitzende Richterin Jutta Hecht hat eine lange Frageliste zu den Umständen, unter denen J. die kleine Ulrike angefahren hatte. Aufschlussreiche Antworten liefert Stefan J. nicht, er schaut starr nach unten. "Warum haben Sie das tote Mädchen versteckt und mit Ästen abgedeckt?", fragt Hecht. "Einfach so", knurrt der Angeklagte, woraufhin ihn die Vorsitzende ermahnt, doch reinen Tisch zu machen.

Stattdessen erklärt einer der beiden Verteidiger nach der Pause, sein Mandant wolle heute gar nichts mehr sagen. Auch verlangt er, J.s Vernehmung vom Abend der Festnahme nicht wie geplant als Beweis einzubeziehen. Es sei J. damals nicht gut gegangen, sagt der Verteidiger, die Kopfschmerzen seien sogar im Protokoll vermerkt. Da platzt Ulrikes Vater der Kragen: "Sie sollten sich schämen!", ruft er dem Verteidiger zu. Die Staatsanwältin und Gregor Gysi, Anwalt von Kerstin und Detlef Brandt, weisen den Vorstoß des Verteidigers zurück. Das Gericht schließt sich dem an. Schließlich sind die Protokolle längt bei den Akten, und der Vernehmungsbeamte wartet bereits als Zeuge auf dem Flur. "Über Nebenschauplätze wie den Autodiebstahl hat er geredet", sagt er aus: "Aber wenn es um die Hauptsache ging, wurde er bockig. Es schien mir zuerst so, als schäme er sich für die Verbrechen", sagte der Beamte: "Später war mein Eindruck, dass er sich selbst am meisten leid tut".

Stefan J. lässt den Kopf noch tiefer hängen als sonst. Acht Tage lang hat er Ulrikes Eltern nicht einmal angeschaut, sich weder bei ihnen entschuldigt noch bei dem Autobesitzer, der am Vortag die schreckliche Zeit geschildert hatte, als er nach dem Fund seines ausgebrannten Autos selbst unter Mordverdacht stand. Kerstin und Detlef Brandt wirken jetzt weniger angespannt als zu Prozessbeginn, lachen sogar manchmal. Ganz offensichtlich erleichtert es ihnen die einfühlsame Art ihres Verteidigers Gregor Gysi, die Verhandlung durchzustehen. Nur einmal verliert Ulrikes Vater die Beherrschung: Als der Verteidiger sagt, gewisse Akten könnten die Schöffen beeinflussen, was er für problematisch halte, unterbricht Detlef Brandt: "Das Problem ist, dass Ulrike tot ist, du Blödmann!" Die Vorsitzende ermahnt ihn, doch auch sie wirkt genervt von den immer neuen, zumeist aber längst beantworteten Fragen der Verteidiger.

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