zum Hauptinhalt

Brandenburg: Vorsätzlich angefahren

Frankfurt (Oder). Mit einem Playmobil-Figürchen und einem Modellauto nähert sich der Gutachter dem Geschehen vom 22.

Frankfurt (Oder). Mit einem Playmobil-Figürchen und einem Modellauto nähert sich der Gutachter dem Geschehen vom 22. Februar. Auf dem Tisch stellt er den Zusammenstoß der kleinen Radlerin Ulrike Brandt mit dem Wagen von Stefan J., ihrem mutmaßlichen Mörder, nach. Das soll zeigen, wie es zu dem Unfall kam, dem Vergewaltigung und Mord folgten. Es sei möglich, dass J. Ulrikes Fahrrad beim Überholen streifte, sagt der Gutachter. Denkbar sei aber auch, dass er ihr regelrecht den Weg abschnitt. "Welche Variante halten Sie für wahrscheinlicher?", fragt die Vorsitzende Richterin. "Die Zweite", lautet die Antwort. Dann wäre die Darstellung von J., der Unfall sei ein Missgeschick gewesen, eine Lüge.

Zuvor waren am fünften Verhandlungstag weitere Zeugen gehört worden. Darunter der Mann, dessen Hündin zwei Wochen nach Ulrikes Verschwinden an einem Waldrand bei Werneuchen den Weg zur Leiche wies. Sofort sei ihm klar gewesen, dass der teilweise mit abgebrochenen Zweigen bedeckte Körper der von Ulrike war, sagt der Zeuge, und dass er "wie versteinert gewesen" sei. Er rief die Polizei. Wenig später wussten die Beamten, dass ihre Suche nach dem Kind zu Ende war.

Ulrikes Eltern verfolgen den Prozess so gefasst wie schon an den Vortagen. Staatsanwältin Anette Bargenda fragt den Zeugen, wie weit es vom Fundort der Leiche bis zum Werneuchener Friedhof sei. Die Frage zielt auf eine Aussage des Angeklagten vom Mittwoch. Nach Auskunft von Gysi soll J. unter Ausschluss der Öffentlichkeit erzählt haben, er sei mit dem Kind zum Friedhof gefahren, wo seine Mutter begraben liegt. Nach der Vergewaltigung, vor dem Mord. Am ersten Verhandlungstag hatte J. seine vor Jahren an Krebs gestorbene Mutter als einzige liebevolle Person in seiner Kindheit beschrieben.

Zu Beginn der Verhandlung hatte ein Fax Aufregung und eine kurze Unterbrechung provoziert. Die Staatsanwältin hatte gesagt, dass am Morgen bei ihrer Behörde ein Schreiben eingegangen war, demzufolge der wegen Autodiebstahls, Brandstiftung, Freiheitsberaubung, Vergewaltigung und Mordes angeklagte Stefan J. die Taten nicht allein begangen haben soll.

Auf Wunsch der Verteidigung wird die Verhandlung unterbrochen; Spekulationen machen die Runde. Walter Venedey, der neben Gregor Gysi Ulrikes Eltern vertritt, äußert sich: Eine Fürstenwalder Lehrerin habe von einem Schüler gehört, jemand anderes habe die Taten begangen und werde durch das Geständnis des Angeklagten gedeckt. Doch die Beweise deuten auf J. als Einzeltäter: seine Aussagen, die DNA-Analyse und der Fingerabdruck, der ihn schließlich überführte. "Natürlich gehen wir Hinweisen aus der Bevölkerung nach. Aber sie müssen ausreichend konkret sein", sagt die Vorsitzende Richterin später. Die Staatsanwaltschaft möge ermitteln; auf neue Erkenntnisse werde man zurückkommen. Stefan J. wiederholt, er habe die Taten allein begangen.

Am Montag wird weiter verhandelt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false