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Brandenburg: Vorschreiben, was Platzeck zu sagen hat Der Ministerpräsident

sucht einen Redenschreiber

Von Sandra Dassler

Im Wahlkampf sammeln Brandenburgs Spitzenpolitiker allerorten Sympathien. So setzte sich Innenminister Jörg Schönbohm in der letzten Woche vehement und erfolgreich für Cottbus als Austragungsort des Fußballnachwuchs-Länderspiels zwischen Deutschland und Polen ein. Das dürfte der CDU in der Lausitz einige Stimmen mehr bescheren.

Auch Matthias Platzeck erhielt gestern ein Lob – von ungewöhnlicher Stelle: Der Präsident des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache, Thilo von Trotha, bescheinigte dem brandenburgischen Ministerpräsidenten „Mut zu einer Wahrheit, die an anderen Orten der Republik noch oft verschwiegen wird“. Die Staatskanzlei des Landes Brandenburg suchte nämlich im Stellenmarkt des Tagesspiegels „den Dienstposten eines Redenschreibers“. Zu den Aufgabengebieten gehört das „Verfassen von in der Regel wörtlich ausformulierten Reden, vorwiegend für den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg.“

Der Nachrichtenagentur dpa war das sogar eine Meldung wert. Kein Wunder, meint Thilo von Trotha, der viele Reden für den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt schrieb: „Im Gegensatz zu ihren Kollegen in den USA bekennen sich deutsche Politiker selten zu ihren Redenschreibern. Die führen, wenn sie nicht im Hauptberuf als Journalisten arbeiten, oft ein einsames Leben. Deshalb haben wir vor einigen Jahren den Verband der Redenschreiber gegründet. Wir tauschen uns aus und versuchen, unser Image zu verbessern.“ Das Redenschreiben für Politiker, sagt von Trotha, sei immer noch ein Tabu. Und dann erzählt er, wie er jüngst den Redenschreiber des Bundespräsidenten traf und ihn fragte: „Sie sind doch der Redenschreiber des Bundespräsidenten?“ Daraufhin habe ihm der Kollege tief in die Augen geblickt und geantwortet: „Der Bundespräsident hat keinen Redenschreiber.“

Ganz anders in Potsdam. „Wir hatten sogar zwei Redenschreiber“, sagt Ex-Regierungssprecher Erhard Thomas. „Aber einer folgte seinem ehemaligen Ministerpäsidenten Stolpe ins Bundesverkehrsministerium. Und die andere Kollegin fällt für eine Weile aus.“ Regierungssprecher Thomas Braune meint verschmitzt: „Das ist ein einflussreicher und spannender Job: Platzeck nimmt viel Einfluss, und man weiß nie, ob er dann auch sagt, was geschrieben steht.“ Redenschreiber Alexander Ross meint, dass Matthias Platzeck in seinen Ansprachen die Dinge beim Namen nennt: „Für ihn ist eine Schaufel eben eine Schaufel. Und deshalb ist die Stelle auch klar für einen Redenschreiber ausgewiesen.“ Ross erinnert sich, dass in einer Ausschreibung des Berliner Senats noch im Jahr 1989 verschämt nach einem „Referenten für Grundsatzangelegenheiten“ Ausschau gehalten wurde. „Aber Wowereit hat vor eineinhalb Jahren auch schon einen Redenschreiber gesucht. 600 haben sich beworben.“

Die häufigsten Fehler von Redenschreibern sind übrigens falsch numerierte Seiten. Da kann es schon vorkommen, dass eine Seite zweimal vorgelesen wird. Damit sagt Ross, haben aber Politiker wie Platzeck und Wowereit wenig Probleme: „Die sprechen sowieso am liebsten frei.“

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