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Vorwürfe gegen Ex-Minister: Fall Speer macht Rot-Rot unruhig

Auch die Koalition sieht nun Klärungsbedarf bei den Vorwürfen gegen den Ex-Minister. Ministerpräsident Platzeck gerät in Zugzwang.

Potsdam - In den Affären um Ex-Minister Rainer Speer (SPD) gerät Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) immer mehr in Zugzwang. Nach der Aufnahme offizieller Ermittlungen gegen Speer wegen des Verdachts auf eine falsche eidesstattliche Erklärung schlagen auch Ungereimtheiten bei der Verbeamtung einer Ex-Geliebten Speers in seiner Verantwortung als Staatskanzleichef weiter Wellen. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft prüft auch hier die Aufnahme von Ermittlungen. Selbst die rot-roten Koalitionsfraktionen sehen inzwischen Klärungsbedarf.

SPD und Linke kündigten am Dienstag an, dass der Verbeamtungsvorgang nächste Woche auf die Tagesordnung des Hauptausschusses gesetzt wird. Die Grünen drängen auf einen persönlichen Auftritt Platzecks, der sich bislang hinter Speer gestellt hatte. Zuvor war der Versuch des Regierungschefs gescheitert, den Verdacht einer Verquickung dienstlicher und privater Interessen durch Speer im Fall der Verbeamtung der Landesdienerin durch Rechnungshofpräsident Thomas Apelt aufklären zu lassen. Dieser hat nach Einblick in die Personalakte der Frau erklärt, eine belastbare Bewertung sei ihm wegen teils unvollständiger, teils fehlender Unterlagen nicht möglich. „Nun steht der Ministerpräsident blamiert da“, erklärte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. „Jetzt ist der Ministerpräsident am Zug, um die Vorwürfe aufzuklären.“ CDU, FDP, Grüne fordern Aufklärung zum Umgang mit Personalakten in der Staatskanzlei. SPD und Linke wiesen darauf hin, dass der Landespersonalausschuss – vertreten sind dort auch Rechnungshof und Gewerkschaften – der Verbeamtung zugestimmt hatte.

Platzeck kommentierte die neuen Entwicklungen zurückhaltend. Nach der Sitzung der SPD-Fraktion sprach er von einer „unschönen Situation“. Auch für Speer müsse aber die Unschuldsvermutung gelten, sagte er. Er hoffe auf eine zügige Klärung. Er übte Kritik an der Informationspolitik der Staatsanwaltschaft. Es sei ein „schwieriger Punkt“, dass Speer bisher keine Informationen erhalten habe, was gegen ihn vorliege. Speer wollte sich öffentlich nicht äußern: Er verschwand durch eine Hintertür des SPD-Saals im Landtag.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der falschen Versicherung an Eides statt in einem Medienprozess. Er hatte Berichte über Vorwürfe verhindern wollen, ein mutmaßliches außereheliches Kind habe sechs Jahre Unterhalt vom Staat statt vom zahlungskräftigen Vater bezogen.

Für Irritationen sorgt auch, dass die SPD Speer nach seinem Rücktritt nun in die Enquete–Kommission des Landtages zum Umgang mit der SED-Diktatur schickt. Die besteht neben Abgeordneten aus sieben renommierten Wissenschaftlern, die über die Personalie verwundert sind. Der Historiker und Stasi-Experte Helmut Müller-Enbergs, Mitglied der Kommission, kommentierte sie mit bissiger Ironie: „Rainer Speer ist eben das Sinnbild sozialdemokratischer Aufarbeitung in Brandenburg, im Privaten wie im Politischen.“ Thorsten Metzner

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