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Wahlkampf: Kampagne mit Schere und Papier

Brandenburgische Minister sind dieser Tage auffällig viel im Land unterwegs. Sie zerschneiden Bänder, übergeben Schecks und machen erste Spatenstiche. Die Opposition wirft ihnen vor, ihre Regierungsämter unzulässig für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen.

Vor der Kommunalwahl am 28. September liegen die Sozialdemokraten in der Gunst der Brandenburger überraschend klar vorn. Zwar bezieht sich die jüngste Umfrage im Auftrag von RBB- Fernsehen und „Märkischer Allgemeiner Zeitung“ auf die Landesebene, doch die damit abgebildeten Parteipräferenzen beeinflussen natürlich auch die Wahlentscheidungen in den Gemeinden. Der Infratest-Umfrage zufolge käme die SPD bei einer Landtagswahl jetzt auf 36 Prozent, gefolgt von der Linken mit 27 Prozent. Die Union, die 2003 bei der Kommunalwahl stärkste Kraft wurde, liegt bei 20 Prozent. Die FDP wäre mit sechs Prozent im Landtag vertreten. Die übrigen Parteien kämen zusammen ebenfalls auf sieben Prozent.

Linke und Grüne warfen der SPD/CDU-Koalition gestern vor, ihre Regierungsämter unzulässig für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen. „Man hat den Eindruck, dass die Regierung das Regieren eingestellt hat: Die Minister sind nur noch im Land unterwegs, um Wahlkampf zu machen“, sagte Linke-Fraktionschefin Kerstin Kaiser gestern. Dies sei eine „bedenkliche Entwicklung“, auch wenn sie nicht glaube, dass „der Wähler durch Geschenke zu beeindrucken ist“.

Tatsächlich scheinen Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) und seine Ministerriege dieser Tage auffällig viele Termine im Lande wahrzunehmen, wobei die Grenzen zwischen Partei- und Regierungsterminen oft verwischen. Am Dienstag dauerte die Kabinettssitzung nicht einmal eine Stunde, auf der Tagesordnung standen auch nur Bundesratsangelegenheiten. Nicht nur der Links-Opposition fallen besonders die umtriebigen SPD-Minister Reinhold Dellmann und Dietmar Woidke auf. Infrastrukturminister Dellmann scheint seit Tagen allein damit beschäftigt, Bänder vor neuen Straßen und Wegen zu zerschneiden, so wie gestern am Radweg zwischen Neuholland und Freienhagen, der laut Pressemitteilung „drei Monate früher als geplant“ in Betrieb genommen werden konnte. Auch beim ersten Spatenstich für den Ausbau des Radwegs zwischen Nassenheide und Oranienburg war Dellmann, der in der Nähe für die Gemeindevertretung von Wandlitz kandidiert, dabei. Umweltminister Woidke wiederum hat nach den Terminankündigungen seine Ministeraktivitäten auffällig stark in die Lausitz verlagert, wo er für den Kreistag von Spree-Neiße kandidiert und das Mandat künftig neben seinem Ministerjob wahrnehmen will.

Vorige Woche hatte die Umtriebigkeit der SPD-Ressorts bereits Ärger im Kabinett erregt. Der CDU war sauer aufgestoßen, dass Bildungsminister Holger Rupprecht und sein Staatssekretär Burkhard Junkkamp täglich „Zuwendungsbescheide“ an Schulen im Land verteilen – während Parteien Auftritte an Schulen wegen des Wahlkampfes verwehrt sind.

Ministerpräsident Matthias Platzeck versuchte gestern, die Wogen zu glätten: „Es war immer so und wird immer so sein, dass es in Wahlkampfzeiten mehr Auftritte gibt.“ Dagegen prophezeit Grünen-Chefin Ska Keller: „Wenn das jetzt schon so ist, kann man sich für die Landtagswahl 2009 auf was gefasst machen.“

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