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Brandenburg: Weitere Turbulenzen um Führung für Rechnungshof

Die Wahl der PDS-Finanzexpertin Kerstin Osten zur neuen Direktorin ist kurzfristig verschoben worden

Potsdam - Die Turbulenzen um die Neubesetzung der Führung des Brandenburger Rechnungshofes reißen nicht ab. Nach dem Wirbel um die Nominierung der SPD-Abgeordneten Britta Stark für das Präsidentenamt ist am Freitag im Landtag auch noch die Wahl der PDS-Finanzexpertin Kerstin Osten zur Rechnungshof-Direktorin kurzfristig verschoben worden.

Zwar ist Osten anders als Stark fachlich unumstritten. Die Personalie wurde wegen einer Konkurrentenklage von der Tagesordnung des Landtages genommen. Doch die Begleitumstände, darunter auch personelle Verflechtungen in der Brandenburger Justiz, lösten Empörung aus. SPD-Fraktionschef Günter Baaske sprach von einer „Provinzposse“. CDU-Kollege Thomas Lunacek sieht die Autorität von Institutionen wie Landtag, Rechnungshof und Justiz in Brandenburg in Gefahr.

Ins Rollen brachte der Düsseldorfer Finanzrichter Karl Laier die Ereignisse. Er bewirbt sich sowohl für das Präsidentenamt – inzwischen sind neben Stark fünf Kandidaten im Ring – als auch für einen frei gewordenen Direktorenposten in Brandenburgs höchster Finanzkontrollbehörde. Dieser Posten steht nach weitgehend einhelliger Auffassung im Landtag der Oppositionsfraktion PDS zu, die in den 16 Jahren seit dem Fall der Mauer nie einen Vertreter in die Führungsspitze des Rechnungshofes entsenden konnte. Nach einer Anhörung hat sich der Haushaltskontrollausschuss mit den Stimmen von SPD, CDU und PDS für Osten ausgesprochen. Das will Laier anfechten und erreichte bereits einen Teilerfolg: Vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht setzte er einen Eilbeschluss durch, der dem Parlament vor einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache untersagt, vollendete Tatsachen zu schaffen.

Am Freitag wurde nun auch bekannt, dass dieselbe Kammer, die letztlich das Landesparlament eine Wahl abblasen ließ, sich gleichzeitig in diesem Fall für „befangen“ erklärte – und zwar alle drei Mitglieder, darunter der Direktor des Verwaltungsgerichtes. Die Begründung: Finanzrichter Laier, der Kläger, sei Lebensgefährte einer Richterin, die normalerweise derselben Kammer angehöre. Diese hatte ihre Mitwirkung in dem Verfahren, wie es Usus ist, von vornherein ausgeschlossen. Die anderen Richter begründeten ihre Befangenheit damit, dass sie „über den normalen rein dienstlichen Kontakt“ hinaus „sehr eng“ mit der Lebensgefährtin des Klägers zusammenarbeiten würden. Der PDS-Abgeordnete Stefan Sarrach äußerte sich befremdet darüber, dass die Kammer trotzdem einen Beschluss dieser Tragweite fällte – und den Fall nicht an eine andere Kammer abgegeben hat. „Der böse Schein ist eingetreten.“ Das Verwaltungsgericht argumentiert dagegen, dass es sich um normale und korrekte juristische Abläufe handelt. In der Hauptsache werde eine andere Kammer entscheiden – wann, sei offen, hieß es.

Zur Befangenheit einer ganzen Kammer passt aus Sicht von Abgeordneten, dass Laier in seiner Klage gegen den Landtag Brandenburg durch den Potsdamer Anwalt Matthias Dombert vertreten wird. Er ist zugleich Brandenburger Verfassungsrichter. Dombert ist auch Anwalt des suspendierten Vize-Rechnungshofpräsidenten Arnulf Hülsmann, der sich demnächst wegen Betrugsvorwürfen erneut vor dem Potsdamer Landgericht verantworten muss. Einen Freispruch in erster Instanz hatte der Bundesgerichtshof wegen grober Mängel aufgehoben. Es geht um mehr als um personelle Verflechtungen. Mindestens 17 Abgeordnete haben jetzt eine Aufhebung des Verwaltungsgerichts-Beschlusses beantragt: Sie sehen darin einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit ihres Mandates, wenn ein Verwaltungsgericht die Tagesordnung des Parlaments beeinflusst. „Das Verwaltungsgericht ist nicht berufen, eine Entscheidung zu treffen, die unmittelbar bindende Wirkung für den Landtag haben könnte“, heißt es in ihrer Klage. Die Wahl von Rechnungshof-Mitgliedern sei schließlich kein Verwaltungshandeln.

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