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Brandenburg: Weniger Rechtsextremisten begehen mehr Taten Verfassungsschutzbericht 2003: Die Mehrheit der Gewalttäter hat eine kriminelle Vergangenheit

Potsdam - Bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus ist Brandenburgs Bilanz gespalten. Das geht aus dem am Freitag von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2003 hervor.

Potsdam - Bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus ist Brandenburgs Bilanz gespalten. Das geht aus dem am Freitag von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2003 hervor. Zwar ist einerseits die Zahl der Rechtsextremisten, darunter der gewaltbereiten, gesunken. Andererseits nahm die Zahl der rechtsextremistischen Straf- und insbesondere Gewalttaten zu.

Laut Verfassungsschutzbericht stieg die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten 2003 gegenüber 2002 um rund zwölf Prozent auf 87. Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten stieg um 238 auf 982. Dies hänge jedoch auch mit strengeren Bewertungsmaßstäben bei so genannten Propagandadelikten zusammen, heißt es dazu im Bericht.

Wirklich Besorgnis erregend, so Schönbohm, sei die hohe Zahl junger rechtsextremer Erst-Gewalttäter, die bei dieser Deliktgruppe einen Anteil von 84 Prozent hatte. 75 Prozent der Gewalttäter des vergangenen Jahres haben bereits eine kriminelle Vergangenheit. Man sehe sich im Wesentlichen „mit gemeinen Kriminellen“ konfrontiert, so Schönbohm, die nun auch politisch motivierte Gewalttaten begingen. Positiv sei die hohe Aufklärungsquote von 82 Prozent.

Ebenfalls widersprüchlich ist laut Verfassungsschutz auch die Lage der rechtsextremistischen Parteien und Organisationen in Brandenburg. Dass die Zahl der aktiven Rechtsextremisten von 1280 auf 1265 zurückgegangen sei, hänge mit dem Niedergang insbesondere von NPD und Republikanern zusammen. Sie hätten an Anziehungskraft verloren. Andererseits sei die Zahl der Neonazis von 200 auf 220 Personen gestiegen. Mit der am 1. Februar 2004 in Vetschau von enttäuschten NPD-Funktionären, darunter Ex-Landeschef Mario Schulz, gegründeten „Bewegung neue Ordnung“ (BNO) sei ein neues Sammelbecken für junge Neonazis entstanden. Auch der BNO-Vorsitzende Jens Pakleppa ist ein Ex-NPD-Mann. Zwar sei die NPD durch die Spaltung geschwächt worden, hob Verfassungsschutz-Chef Heiner Wegesin hervor. Andererseits sei die Gründung dieser neuen Bewegung als „Anzeichen für eine Verlagerung der rechtsextremistischen Szene in Richtung Neonazismus“ zu bewerten . Diese neue Tendenz müsse ernst genommen werden, zumal die BNO-Führer versuchten, ihre Organisation mit anderen neonazistischen Gruppen bundesweit zu vernetzen.

Laut Schönbohm lehnt sich das Programm der BNO „inhaltlich und sprachlich an das 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920“ an. Durch den Übertritt eines NPD-Kreistagsabgeordneten in der Prignitz und eines NPD-Stadtverordneten in Wittstock verfügt die BNO bei derzeit knapp 100 Mitgliedern über zwei kommunale Mandate.

Wie NPD und Republikaner befindet sich nach dem Verfassungsschutzbericht auch die im Landtag mit fünf Abgeordneten vertretene DVU im Niedergang: Sie verliere Mitglieder und habe Mobilisierungsschwierigkeiten. Allerdings konnte sie bei den Kommunalwahlen 2003 acht Mandate in Kreistagen und eins im Potsdamer Stadtparlament erringen.

Der islamistische Terrorismus stellt für Brandenburg nach Ansicht Schönbohms keine aktuelle Bedrohung dar. Doch der Versuch einer islamischen Zellenbildung 2002 in Cottbus zeige, „wie schnell auch Brandenburg zumindest Rückzugs- wie auch Vorbereitungsraum werden kann“.

Michael Mara

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