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Brandenburg: Wintereinbruch: Schneeballschlachten auf der Überholspur

Schneemänner mitten auf der Autobahn kommen in Brandenburg nicht sehr häufig vor. Doch mit den weißen Gesellen am ungewöhnlichen und obendrein gefährlichen Ort vertrieben sich im Stau festsitzende Familien tatsächlich die Zeit auf dem südlichen Berliner Ring.

Schneemänner mitten auf der Autobahn kommen in Brandenburg nicht sehr häufig vor. Doch mit den weißen Gesellen am ungewöhnlichen und obendrein gefährlichen Ort vertrieben sich im Stau festsitzende Familien tatsächlich die Zeit auf dem südlichen Berliner Ring. Sogar Schneebälle flogen zwischen den Autos hin und her. Doch das waren schon die unterhaltsamsten Beobachtungen während der Fahrten auf den Brandenburger Autobahnen in den vergangenen beiden Tagen. Einige Zentimeter Neuschnee hatten genügt, um besonders den Verkehr auf dem rund 200 Kilometer langen Berliner Ring immer wieder für mehrere Stunden zu stoppen oder stark zu verlangsamen.

Dabei schienen die meisten Unfälle und damit Staus wieder durchaus vermeidbar. Dafür sprechen die Beobachtungen während der Autobahnfahrten beziehungsweise der Zeit im Stau am Freitag und Sonnabend. Da waren zum Beispiel die Lkw-Fahrer. Auf glatten Straßen wollten sie es den Pkw-Lenkern mal so richtig zeigen. Während die Autofahrer höchstens mit Tempo 60 den Abschnitt zwischen Marzahn und Erkner zurücklegten, drehten die Lastwagenfahrer trotz der winterlichen Straßenverhältnisse wie selbstverständlich auf: Nach links auf die Überholspur und mit voller Kraft dem nächsten Stau entgegen! Baustelle? Keine Ahnung, die Warnschilder waren schließlich mit Schnee zugeweht und unlesbar. Bremsen war so nicht mehr möglich. Also blieb nur der Vordermann als Prellbock oder der Randstreifen für rutschige Ausweichmanöver. An mindestens der Hälfte aller Unfälle waren Lkw-Fahrer beteiligt.

Auf der A 13 Richtung Berlin fuhr am Sonnabend ein Lastwagen auf einen Stau auf, der sich nach einem Unfall in Höhe der Ausfahrt Motzen ereignet hatte. 15 Autos und ein Reisebus kollidierten, nachdem ein Wagen von der Fahrbahn abgekommen und gegen die Mittelleitplanke geschleudert war. Zwei Erwachsene und zwei Kinder wurden leicht verletzt.

Gleich zehn Laster fuhren am Freitag am Autobahndreieck Nuthetal an- und aufeinander. Pkw sahen mitten im Gedränge ziemlich alt aus. Doch blieb es hier bei Blechschäden. Die rund dreistündige Vollsperrung lag aber nicht allein an den Dimensionen des Unfalls. Die Abschleppfahrzeuge kamen gar nicht an den Unglücksort heran. Sie passten zunächst nicht durch die enge Gasse zwischen den rechts und links im Stau stehenden Fahrzeugschlangen. Die Lautsprecherdurchsagen der Polizei klangen da recht hilflos.

Unbefolgt blieben offenbar auch die Appelle im Radio, wenigstens die Gefahrguttransporter sollten wegen der extremen Glätte den nächsten Parkplatz ansteuern. Kaum ein entsprechend gekennzeichnetes Fahrzeug schwenkte aus. Dabei hatte die Bitte einen ernsten Hintergrund. Bei der Massenkarambolage am Dreieck Nuthetal war auch ein Tankfahrzeug beteiligt, das allerdings kein Öl oder Benzin geladen hatte.

Für die notierten Sünden der Pkw-Fahrer reichte das Papier kaum aus: dichtes Auffahren, defektes Bremslicht, kein Reißverschlussverfahren, Halten auf der linken Spur (!) zum Verrichten der Notdurft, rechts Überholen, plötzliches Einschwenken von der linken Spur über die rechte Spur zur offensichtlich im letzten Augenblick bemerkten Ausfahrt, schlechte oder gar keine Absicherung von Unfallstellen, fahrlässiges oder vielleicht aus Frust absichtliches Ausbremsen von Schneepflügen und anderen Winterdienstfahrzeugen, Schleichen mit Tempo 20 oder 30 auf einer geräumten Fahrbahn und und und ...

Auch der Fahrer des Opel Vectra, der gestern Mittag bei Strausberg auf gerader Strecke die Kontrolle über sein Auto verlor und gegen einen Baum raste, hatte die winterlichen Straßenverhältnisse offenbar unterschätzt. Der 55-jährige Beifahrer starb noch am Unfallort, der jüngere Fahrer kam schwer verletzt ins Krankenhaus.

Mit den zwölf bis 20 Zentimetern Schnee schienen viele Brandenburger und Berliner Autofahrer überfordert. Doch es hatte sie auch schon mal schlimmer erwischt: Am 6. März 1970 lagen in Potsdam stolze 70 Zentimeter. Von Staus und Schneemännern auf den Straßen Brandenburgs ist allerdings von damals nichts überliefert.

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