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Brandenburg: Zu viel Staatsvertrauen schadet nur

ClausDieter Steyer über die Lehren der Cargolifter-Pleite für Frankfurt (Oder) ANGEMARKT Kitas behielten ihr Einheitsgrau, Schüler mussten auf neue Fenster in ihren Klassenräumen und auf moderne Sanitäranlagen verzichten und viele Straßen sind bis heute von Schlaglöchern übersät – Frankfurt (Oder) sparte sich das Geld dafür. Stattdessen flossen zehn Millionen Euro in das größte Gewerbegebiet an der Autobahn nach Berlin vor den Toren der Stadt.

ClausDieter Steyer über die Lehren der Cargolifter-Pleite für Frankfurt (Oder)

ANGEMARKT

Kitas behielten ihr Einheitsgrau, Schüler mussten auf neue Fenster in ihren Klassenräumen und auf moderne Sanitäranlagen verzichten und viele Straßen sind bis heute von Schlaglöchern übersät – Frankfurt (Oder) sparte sich das Geld dafür.

Stattdessen flossen zehn Millionen Euro in das größte Gewerbegebiet an der Autobahn nach Berlin vor den Toren der Stadt. Dort drehen sich dank dieser Mittel Tag und Nacht die Kräne für das gigantisches Projekt einer großen Chipfabrik. Schon aus diesem Grund kämpft die Grenzstadt um das Gelingen dieses 1,3 Milliarden Euro teuren Vorhabens, das einmal 1300 Menschen einen Job bieten soll. Am morgigen Dienstag will eine Bürgerinitiative deswegen zu einem symbolischen Richtfest auf die Straße gehen und die Bundesregierung zu der noch fehlenden 600-Millionen-Euro-Bürgschaft drängen. Nur wenn es diese gibt, ist das Emirat Dubai – Hauptfinanzier des Projektes – bereit, weiteres Geld für die Chipfabrik lockerzumachen.

Aus der Sicht der unter einem dramatischen Einwohnerrückgang leidenden Stadt Frankfurt ist dieses Klammern an staatliche Mittel durchaus verständlich. Doch besonders in Brandenburg sollte man bei Großprojekten inzwischen besonders vorsichtig sein. Gerade wurde am Wochenende mit dem letzten Versteigerungstag der gescheiterte Luftschiffentwickler Cargolifter AG beerdigt. Das Unternehmen muss sich den Vorwurf gefallen lassen, als eine perfekte Geldvernichtungsmaschine funktioniert haben. Nicht nur die 307 Millionen Euro der Aktionäre sind verschwunden, sondern auch Dutzende von Brandenburger Steuermillionen. Das Scheitern lag vor allem an einem Punkt: Es fehlte ein leistungsstarker industrieller Partner, der nicht nur in die Forschung investiert, sondern auch den Verkauf der Luftschiffe verantwortet. Ein maßgeblich auf eigene Rechnung arbeitendes Unternehmen hätte das Geld gewiss zusammengehalten und nicht ständig nach neuen Gaben aus der Staatskasse gerufen.

Der gleiche Fehler passierte auch beim Lausitzring. 123 Millionen Euro stecken in der Rennstrecke, deren Geschäftsführer noch immer von der Formel 1 träumen. Doch ohne Käufer oder starken Partner musste der Ring zwangsläufig in die Insolvenz rutschen, als der Staat nicht mehr zahlen konnte. Und immer noch sucht die zweifellos modernste Anlage Europas einen Käufer. Die Fortsetzung der Rennen im nächsten Jahr steht weiter in den Sternen.

Auch andere Auswüchse des Gigantismus wie die ursprünglichen Pläne für den Großflughafen in Schönefeld, für eine große Beamtenstadt im früheren russischen Hauptquartier Wünsdorf, für einen Wohnpark auf dem Gelände des Olympischen Dorfes von 1936 in Elstal oder für die fantastischsten Freizeit- und Ferienhaussiedlungen an den verschiedensten Orten im Land müssten Warnung genug sein. Deshalb sollten die Frankfurter ihre Energie und das immer knapper werdende Geld vielleicht nicht ausschließlich auf die Bundes- und Landespolitiker konzentrieren und die Werbung in der Privatwirtschaft nicht völlig vernachlässigen.

Auch da hilft ein Blick auf Cargolifter. Der jetzige Eigentümer der Werfthalle, ein in Malaysia beheimatetes Konsortium, mag zwar mit seinen Plänen für einen tropischen Regenwald in der Halle bei Brand viel Skepsis hervorrufen. Aber er verzichtet wenigstens auf jegliche staatliche Gelder. Wenn das Vorhaben tatsächlich scheitert, muss sich keine Kommune ärgern. Kitas, Schulen und Straßen wurden deswegen jedenfalls nicht vernachlässigt.

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