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So sah das bisherige Roma-Camp am Mittwoch aus. Die Zelte sind weg, aber noch nicht alle Müllberge abgetragen.

© Cay Dobberke

Update

Berlin-Charlottenburg: Wildes Camp am Bahndamm geräumt, Roma unauffindbar

Das Roma-Zeltlager an der Heilbronner Straße ist nun doch vom Grundstückseigentümer geräumt worden, nachdem der Bezirk den Druck erhöht hatte.

Eigentlich sollte das Zeltlager obdachloser Roma am Bahndamm in Charlottenburg seit Juni geräumt sein – die meisten der Menschen waren nach Rumänien zurückgekehrt, als Ämter die Reisekosten zahlten. Doch dann zogen andere Roma auf die seit mehr als zwei Jahren bewohnte Brache an der Heilbronner Straße. Die im Mai aufgestellten Bauzäune an der Zufahrt zum benachbarten Aldi-Markt hielten sie nicht ab, denn hinten neben der Bahnstrecke gibt es eine Lücke im Zaun.

Nun aber ist das wilde Camp doch geräumt, am Mittwoch stand kein Zelt mehr auf dem Gelände. Am Dienstag hatten Arbeiter Müll in zwei neue Abfallcontainer geworfen. Damit habe sie die Eigentümerfirma des Grundstücks beauftragt, sagten sie. Die Roma waren zu dieser Zeit nicht dort, in der Regel kehrten sie erst abends zurück.

Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU) war vom Roma-Hilfsverein „Amaro Foro“ über die Räumung informiert worden. Die Arbeiter hatten dem Tagesspiegel am frühen Dienstagnachmittag gesagt, ihre Aufgabe bestehe nicht darin, intakte Zelte abzubauen. Wie man nun sieht, taten sie dies später aber doch.

Keine Spur von den vermutlich fünf letzten Bewohnern

Zuletzt habe es laut „Amaro Foro“ nur noch fünf Campbewohner gegeben, sagte Engelmann am Donnerstag. Wo sie sich jetzt aufhalten, sei unbekannt. Der Bezirk habe ihnen erfolglos Plätze in Wohnungen für Obdachlose angeboten.

An der Heilbronner Straße übernachtet noch ein Roma, der sich schon vor der Räumung in einem Grünstreifen auf der anderen Seite der Zufahrt niedergelassen hatte. Bisher habe der Mann eine Aufforderung ignoriert, sein Quartier aufzugeben, sagte Engelmann. Das Ordnungsamt solle ihn aber erneut dazu bewegen.

Bezirksamt wollte die Bauaufsicht einschalten

Offenbar ist die Räumung eine Reaktion auf den zunehmenden Druck aus dem Bezirksamt. Laut Engelmann hatte sich das Gremium am Dienstag darauf geeinigt, dass die Bauaufsicht gegen die ungenehmigte Wohnstätte vorgehen solle. Zuvor hatte sich der Bezirk darauf beschränkt, eine Müllbeseitigung und Rattenbekämpfung zu fordern. Dem Grundstückseigentümer war ein Zwangsgeld angedroht worden. Engelmann hatte auch eine „Ersatzvornahme“ ins Gespräch gebracht, bei der Ämter die Maßnahmen veranlasst und in Rechnung gestellt hätten.

Im Kiez war der Unmut gewachsen. Nicht nur eine Tagesspiegel-Leserin kritisierte in einem Brief an Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) die „mit der Verdreckung einhergehende hygienische Belastung“ der Gegend bis hin zum Henriettenplatz am Ku’damm, eine Rattenplage, Bettelei und Diebstähle.

Händler beklagen aggressive Bettelei

„Unsere Kunden werden massiv angebettelt“, sagten die Imbissbetreiber Brigitte und Erich Affelstaedt am Henriettenplatz. Sie selbst seien oft beschimpft worden, wenn sie es ablehnten, gratis Speisen herauszugeben. Erich Affelstaedt sagt: „Ich werde dann laut“, er könne sich Respekt verschaffen. Seine Ehefrau jedoch habe sich Sprüche wie „Du bist verflucht!“ anhören müssen – ein Zeichen für eine grundsätzliche „Nichtachtung der Frau“.

Obst- und Gemüsehändlerin Hatice Bayrak beklagte Belästigungen ihrer Kunden am Henriettenplatz.
Obst- und Gemüsehändlerin Hatice Bayrak beklagte Belästigungen ihrer Kunden am Henriettenplatz.

© Cay Dobberke

Nebenan steht Hatice Bayrak mit ihrem Obst- und Gemüsestand. Sie beklagte zusätzlich Dreck und Lärm durch zehn- bis 15-köpfige Roma-Gruppen auf den Parkbänken. Insbesondere ältere Kunden hätten verängstigt reagiert.

Mehr Ladendiebstähle

Im „Netto“-Supermarkt an der Heilbronner Straße bestätigte die Vize-Filialleiterin, die Zahl der Ladendiebstähle sei gestiegen. Im Tierfuttergeschäft „Fressnapf“ hieß es, Kunden hätten Diebstähle von Geldbörsen auf dem Parkplatz gemeldet, der an das Camp grenzt. Mehr Ladendiebstähle soll es auch bei Aldi gegeben haben, wie Kunden erzählten; das Personal dort äußerte sich nicht.

Andererseits störte das Camp keineswegs alle Nachbarn. Im Café „Piccolo“ an der Georg-Wilhelm-Straße zeigten sich die Wirtin und drei Gäste gelassen. Etwas gewöhnungsbedürftig sei nur der Anblick von Roma gewesen, die sich an einer Wasserpumpe an einem nahen Gehweg wuschen. Und im Sommer habe es manchmal streng neben dem Zeltlager gerochen.

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