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Die 1904 gegründete Kleingartenkolonie Oeynhausen ist eine der ältesten und größten in Berlin.

© Cay Dobberke

Berlin-Schmargendorf: Bagger oder Beete in der Kolonie Oeynhausen

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf will die heftig umstrittene Wohnbebauung der Kleingartenkolonie Oeynhausen genehmigen.

Nach dem jahrelangen Tauziehen um die Kleingartenkolonie Oeynhausen in Schmargendorf wird es jetzt eng für die Pächter von 302 Lauben: Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD) hat angekündigt, dem luxemburgischen Grundstückseigentümer Lorac „in wenigen Wochen“ die im August beantragte Baugenehmigung für 700 Eigentumswohnungen zu erteilen.

Der Bürgerentscheid blieb folgenlos

Dabei hatten die Kleingärtner und eine Anwohnerinitiative im Mai 2014 einen Bürgerentscheid gewonnen. Rund 85 000 Menschen stimmten für die Rettung der Kolonie, was gut 77 Prozent der Teilnehmer entspricht.

Doch das Bezirksamt verweigert die Umsetzung mit dem Argument, der Firma Lorac stehe womöglich Schadensersatz in zweistelliger Millionenhöhe zu. Auch der Senat will nicht für finanzielle Risiken bürgen.

Widersprüchliche Gutachten

Zuletzt hatte die BVV mehrheitlich gefordert, einen seit Jahren vorbereiteten Bebauungsplan in Kraft zu setzen, der die Kolonie sichern würde. Laut einem Gutachten, das die Fraktionen der CDU und der Piraten bei einer Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben hatten, bestehen keine oder höchstens geringfügige Ansprüche auf Schadensersatz. Allerdings gab es zuvor andere Gutachten, die das Entschädigungsrisiko auf bis zu 36 Millionen bezifferten.

Bäume oder Beton? Unter diesem Motto gewannen die Kleingärtner ihr Bürgerbegehren.
Bäume oder Beton? Unter diesem Motto gewannen die Kleingärtner ihr Bürgerbegehren.

© Cay Dobberke

Die Firma Lorac gehört zur US-Investmentgesellschaft Lone Star. Sie hatte das Grundstück im Jahr 2008 für nur 600 000 Euro von der Post erworben und will es an den Bauunternehmer Klaus Groth weiterverkaufen, der die Wohnungen plant.

Baustadtrat Schulte sieht keine Chance mehr, die Genehmigung zu verweigern oder aufzuschieben. Ein Grund dafür sei eine gerichtliche Niederlage gegen Lorac. Es ging um die Frage, ob Berlin verpflichtet ist, mit einem Bauvorbescheid die Zulässigkeit des Wohnungsbaus zu bestätigen und das Areal zu erschließen – etwa mit Leitungen und Zufahrten. 2014 gewann Lorac vor dem Verwaltungsgericht. Soeben hat das Oberverwaltungsgericht dieses Urteil bestätigt.

Kein Termin für den Baubeginn

Trotzdem ist ein Baubeginn nicht absehbar. Schon 2013 hatte Lorac den Kleingärtnern gekündigt, die dagegen klagten. Diesen Prozess setzte das Landgericht bis zum Ende des gleichzeitigen Verwaltungsgerichtsverfahrens aus. Wann es am Landgericht weitergeht, weiß noch niemand.

Auch Lorac-Anwalt Bernhard Haaß konnte nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt das Unternehmen die Kolonie geräumt sehen will. „Aufgrund der laufenden Verfahren“ dürfe er keine Auskünfte geben.

Die Betroffenen geben nicht auf

Die Kleingärtner wollen in dieser Woche mit ihrem Anwalt beraten. Es sei nach wie vor möglich, die Kolonie „ohne Entschädigungsrisiko“ zu erhalten, sagt der Vereinsvorsitzende Alban Becker.

So sieht es auch die Bezirksverordnete Nadia Rouhani (Grüne). Sie wirft dem Bezirksamt vor, trotz des seit drei Jahrzehnten erklärten Willens, die Kolonie zu retten, keine geeigneten Schritte unternommen zu haben. Die Grünen-Fraktion hat Rouhani ausgeschlossen – was diese auf ihr Engagement für die Kleingärtner zurückführt.

Mehr als 120 weitere Parzellen scheinen nicht bedroht, weil sie nebenan auf landeseigenem Boden stehen.

Neues Bürgerbegehren für Grünflächen in der City West

Gemeinsam mit einigen Bürgerinitiativen planen die Kleingärtner ein neues Bürgerbegehren „zum Erhalt der Grünflächen in Charlottenburg-Wilmersdorf“. Anwohner in Halensee, am Olivaer Platz, an der Cornelsenwiese und in der Schlangenbader Straße wollen dafür Unterschriften sammeln. Das Bezirksamt soll aufgefordert werden, „auch unter den Bedingungen der wachsenden Stadt die Grün- und Freiflächen im Bezirk dauerhaft planungsrechtlich zu sichern“, um sie „für kommende Generationen zu bewahren“.

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