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Die Polizei in Peking verfügt im Gegensatz zur Berliner Polizei über wendige Segways. Auch in Berlin wird über die Anschaffung diskutiert.

© Reuters

Bürgernähe und Taktik: China will von Polizei in Berlin lernen

Peking ist seit 20 Jahren Berlins Partnerstadt. Auch deshalb kommen regelmäßig chinesische Ermittler in die Stadt. Die Berliner Polizei vermittelt ihren Kollegen moderne Taktiken und die Idee von Bürgernähe.

Seit etwa zwanzig Jahren kommen regelmäßig Gruppen chinesischer Polizeibeamter nach Berlin. Viel Zeit für die Besichtigung des Brandenburger Tors oder für einen Ausflug in die Geschichte der NS-Schreckensherrschaft haben sie aber nicht. Denn sie bleiben nur einige Tage in einem Ausbildungsprogramm der Berliner Polizei im Rahmen der Partnerschaft Berlins mit Peking.

Ein allgemeines Programm für die chinesischen Polizisten gibt es nicht, sie arbeiten vielmehr an spezifischen Themen. Mal ist das der Kampf gegen Korruption, mal der Verkehr, die Diensthunde oder die Bekämpfung von Rauschgiftkriminalität. „Uns ist es wichtig, dass wir unsere Kenntnisse in modernen Polizeimethoden vermitteln und unseren chinesischen Kollegen die Idee von Bürgernähe beibringen“, erklärt Gunnar Friedrich, Sachbearbeiter für internationale Polizeikooperation bei der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Und fügt hinzu: „Natürlich wollen wir auch ein positives Deutschlandbild vermitteln.“ Nach Berlin kommen pro Jahr im Schnitt acht chinesischen Polizeigruppen von zwei bis 32 Personen.

Undenkbar, was die chinesischen Polizisten alles dürfen

Friedrich arbeitet seit 2004 in diesem Bereich und war auch selbst schon einige Male in China. Er kennt die Unterschiede gut. Am deutlichsten, meint er, seien die unterschiedlichen Kompetenzen. Wenn jemand in Deutschland die Polizei anrufe, dann kämen Leute mit einer guten Ausbildung, die gelernt hätten, selbstbewusst aufzutreten. Ein deutscher Polizist habe vor Ort mehr Kompetenz. „Unsere Polizei hat im Rahmen des Gesetzes viele Möglichkeiten, auf der Stelle selbst eine Entscheidung zu treffen. In China ist der Spielraum viel beschränkter. Da muss man bei jeder Intervention Rücksprache halten“, sagt er.

Technisch ist die Polizei in China besser ausgerüstet als die in Berlin

Im Allgemeinen besitzt die Polizei in China aber weitergehende Kompetenzen, ergänzt Friedrich. „Die chinesische Polizei kann zum Beispiel Verwaltungshaft anordnen ohne Rechtswahrung. Das ist für uns undenkbar. Und die technische Ausstattung ist exzellent, besser als die der Berliner Polizei.“ Die Ausstattung der Fahrzeuge sei besser, auch hätten Chinesen bessere Computer. „Sie kaufen in allen Ländern das Beste: technische Geräte aus Amerika, Hunde aus Deutschland. In Peking sieht man auch wesentlich mehr Polizisten auf der Straße als bei uns, weil wir nicht so viel Personal haben“, sagt Friedrich. „Und sie fahren dort Segways. Die haben wir leider auch nicht.“ Wie berichtet, wird darüber aber in Berlin seit Monaten diskutiert.

Dennoch seien deutsche Polizisten viel besser qualifiziert. Ein gefragtes Ausbildungsthema sind die Taktiken bei einer Geiselnahme. „Wir stehen bundesweit an der Spitze, was Verhandlungsweisen angeht“, sagt Friedrich.

Kann die Berliner Polizei auch von den Chinesen lernen? Friedrich lächelt und sagt: „Es sind eher unsere Experten, die als Dozenten nach China fliegen. Manchmal besuchen wir etwas, das wir hier in Deutschland noch nicht haben, zum Beispiel die gemeinsame Leitstelle von Polizei und Feuerwehr. Aber die finanzielle Situation der Stadt macht es nicht möglich, solche Ausflüge oft zu unternehmen.“

Berlins Polizei berät auch Österreicher, Schweizer und Länder in Afrika

Was ihm in den zehn Jahren als Sachbearbeiter des Ausbildungsprogramms am meisten ins Auge gefallen ist, sind nicht die Unterschiede, sondern die Ähnlichkeiten. Er erinnert sich noch an seine erste Begegnung mit einer großen Gruppe junger chinesischer Polizisten. „Sie gleichen uns viel mehr, als ich mir das je vorgestellt hatte“, sagt Friedrich. Sie alle wünschten sich ein Handy, ein schickes Auto, eine Wohnung und eine Familie. „Es gab überraschend viele Gemeinsamkeiten.“ Außerdem seien sie sehr offen: „Man kann über alles reden.“

Polizeipräsident Kandt reist nach Rumänien

China ist nicht das einzige Land, mit dem sich die Berliner Polizei im Rahmen eines Ausbildungsprogramms austauscht. Die Chinesen seien zwar die Aktivsten, aber es gäbe auch Anfragen aus anderen Ländern: aus Österreich, der Schweiz, der arabischen Welt und Afrika. „Leider können wir nicht allen entsprechen. Dafür fehlt uns das Geld“, sagt Friedrich. Deshalb versuche man, die Kosten in Grenzen zu halten. Die Gäste müssen den Flug selbst bezahlen und sich um die Unterkunft und Verpflegung kümmern. So auch die Chinesen: „Sie buchen das Hotel und organisieren einen Bus vor Ort, mit dem sie zur Ausbildung kommen“, sagt Friedrich. Die Kosten in Berlin bleiben überschaubar. Wie berichtet, ist Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt für einige Tage nach Rumänien gereist. Die Polizei twitterte am Sonntag: „Polizeipräsident Kandt begleitet heute Innensenator Henkel für 5 Tage nach Rumänien für einen gegenseitigen Erfahrungsaustausch.“

Marc Leijendekker

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