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Gaukler und Gauner. Flavio Briatore (links) und Bernie Ecclestone stehen sich schon seit Jahrzehnten nahe. Unser Bild zeigt die beiden prägenden Figuren der Formel 1 im Jahr 2006 am Rande des Rennens in Monte Carlo.

© dpa

Schmieriger Retter: Flavio Briatore soll die Formel 1 aufpolieren

Wegen Tricksereien wurde Flavio Briatore einst lebenslang gesperrt, jetzt soll er die Formel 1 aufpolieren. Nicht alle in und außerhalb der Rennserie sind überzeugt davon, dass das eine gute Idee ist.

Am vergangenen Wochenende kursierte am Hungaroring ein neuer Witz im Fahrerlager der Formel 1. „Was passiert in Zukunft, wenn ein Formel-1-Rennen zu langweilig ist?“, lautete die Scherzfrage. Die Antwort: „Dann wird ein Fahrer beauftragt, absichtlich einen Unfall zu verursachen, damit das Safety Car auf die Strecke muss und alles durcheinander wirbelt.“ Der Witz hat einen ernsten Hintergrund, schließlich war kurz zuvor bekannt geworden, was sich Bernie Ecclestone und sein Umfeld ausgedacht hatten, um Imageverlust und Zuschauerschwund zu begegnen. Denn ausgerechnet Flavio Briatore soll jetzt die Formel 1 retten. Als Teamchef von Renault war der Italiener 2008 verantwortlich für die „Crashgate“- Affäre in Singapur, als Renault-Fahrer Nelson Piquet jr. auf Teambefehl absichtlich in die Mauer fuhr und damit einen Safety-Car-Einsatz auslöste, der seinem Teamkollegen Fernando Alonso zum Sieg verhalf.

Ferrari-Teamchef Luca di Montezemolo, der schon seit Monaten „massive Veränderungen“ in der seiner Meinung nach durch das neue technische Reglement viel zu langweilig gewordenen Rennserie fordert, hatte Formel-1-Boss Bernie Ecclestone Briatore als Vorsitzenden einer Kommission vorgeschlagen. Das Gremium soll sich in Zukunft um die Attraktivität der Königsklasse kümmern. Ecclestone, schon immer Briatore-nah, präsentierte die Idee am Samstag in Ungarn den versammelten Teamchefs. Und setzte sie durch, obwohl auch einige der Bosse durchaus Vorbehalte hatten.

Schließlich war Briatore damals, als „Crashgate“ im Sommer 2009 öffentlich wurde, vom Motorsport-Weltverband Fia lebenslänglich gesperrt worden. Nach einem längeren Rechtsstreit erkannte Briatore schließlich die Verantwortung für „Crashgate“ an, entschuldigte sich und verzichtete auf weitere Schritte gegen den Verband. Dafür wurde die Sperre bis einschließlich 2012 begrenzt.

Briatore war immer der Paradiesvogel der Formel 1

Auch wenn er also jetzt offiziell wieder in der Formel 1 arbeiten darf – die Zweifel bleiben bei vielen, ob ausgerechnet Briatore der Richtige ist, um der Formel 1 ein besseres Image zu verpassen. Der heute 64-Jährige war immer der Paradiesvogel der Formel 1 – imagemäßig eher angesiedelt zwischen Playboy und einem leichten Mafia-Touch als im Bereich des seriösen Geschäftsmanns, trotz offensichtlicher finanzieller Erfolge in vielen Bereichen. Lange hielten sich Gerüchte über seine Anfänge im Benetton-Konzern, über gewisse „Unregelmäßigkeiten“, über seinen Abzug aus der Benetton-Managementspitze in den USA nach einem versuchten Sprengstoffanschlag auf sein Auto. Italienische Medien erklärten auch immer wieder, Beweise zu haben, wollten sich dann aber meist doch nicht auf die drohenden juristischen Auseinandersetzungen einlassen.

Und zumindest zeitweise überlagerte Briatores Erfolg in der Formel 1 auch vieles: In seiner Zeit als Teamchef bei Benetton holte Michael Schumacher seine ersten beiden WM-Titel 1994 und 1995. Dabei war gerade die 94er-Saison geprägt von vielen Merkwürdigkeiten, seltsamen und erschreckenden Vorfällen wie dem Riesen-Boxenfeuer in Hockenheim am zweiten Benetton von J. J. Lehto, entstanden durch eine manipulierte Tankanlage. Der damalige Chefmechaniker des Teams gab gegenüber einem befreundeten Ex-Piloten Tricksereien zu: „Wir haben alles getan, was man uns vorwirft – und noch ein bisschen mehr.“ All das ging gerade in Deutschland im Jubel um die Schumacher-Erfolge weitgehend unter.

Heidi Klum war eine Zeit Lebensabschnittsgefährtin des Italieners

Eine Zeit lang war der immer tief solariumgebräunte Teamchef mit den Edeluhren und den schweren Goldkettchen als Lebensabschnittsgefährte von Topmodel Heidi Klum und Vater eines ihrer Kinder Liebling der Boulevardpresse. Seine Partys im eigenen Edelnachtclub auf Sardinien oder auf seiner Jacht blieben in den Schlagzeilen. 1997 verließ Briatore die Formel 1, kehrte aber 2002 als Teamchef für Renault zurück. Dann kam „Crashgate“.

Nicht nur Briatores Ruf lässt Zweifel an seiner Eignung als Imageretter der Formel 1 zu. Ein zweiter Kritikpunkt an dem ganzen Konzept der Verbesserung der Präsentation durch Briatore und Co. kommt hinzu: Show um jeden Preis durch irgendwelche Mätzchen ist absolut nicht das, was sich die Formel-1-Fans wünschen. Zumindest nicht, wenn man den einschlägigen Umfragen in vielen Ländern glaubt. Da stehen ganz andere Wünsche oben auf der Liste: einen besseren Sound der Rennwagen, nicht durch Benzinsparen und andere neue Regeln eingebremste und im Vergleich zu früheren Jahren langsamere Autos. Und vor allem niedrigere Eintrittspreise, die auch der Normalbürger noch bezahlen kann.

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