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Uni-Neubau fertiggestellt: Großes Dach für Kleine Fächer

Nach nur zweieinhalb Jahren Bauzeit konnte im Neubau an der Dahlemer Fabeckstraße der Lehr- und Forschungsbetrieb aufgenommen werden. Wissenschaftler und Mitarbeiter aus 14 Fächern arbeiten hier eng zusammen.

Er hat eine Größe von knapp zwei Fußballfeldern und ist das ehrgeizigste Projekt zur Verdichtung der Freien Universität seit Bestehen der Hochschule: Der Neubau für die sogenannten Kleinen Fächer an der Dahlemer Fabeckstraße. Das Gebäude erweitert die Rost- und Silberlaube nach Nordosten und beherbergt 14 Institute des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften, von denen viele bisher auf dem Dahlemer Campus in verstreut liegenden Villen untergebracht waren. Zu Beginn des Sommersemesters Mitte April konnte der Betrieb aufgenommen werden; Ende Mai wird das Gebäude offiziell eröffnet. Gemeinsam mit einer neuen Campusbibliothek, die mit der Bereichsbibliothek Erziehungswissenschaft, Fachdidaktik und Psychologie verbunden ist und insgesamt 24 Institutsbibliotheken zusammenführt – inklusive der Bibliotheken der Naturwissenschaften, Informatik und Mathematik.

Es ist mit einem Bauvolumen von rund 52 Millionen Euro das größte Projekt, das die Freie Universität als Bauherrin bisher gestemmt hat. „Eine riesige Herausforderung“, nennt Uwe Meising, Leiter der Bauabteilung, das gemeisterte Vorhaben im Nachhinein. Schließlich galt es, den Neubau auf engem Raum zu errichten, während nebenan in Rost- und Silberlaube der Lehr-, Forschungs- und Bibliotheksbetrieb weiterlief. „Es ist glücklicherweise nichts passiert“, sagt Meising, „aber manchmal gab’s empörte Anrufe aus der benachbarten Chemie an der Fabeckstraße, wenn die Bauarbeiten mal wieder die Erde zum Zittern gebracht haben.“

220 Büros sind in dem Gebäude auf 12 650 Quadratmetern Nutzfläche untergebracht, drei Hörsäle und zwölf Seminarräume. Unter dem neuen Dach sind die Kleinen Fächer in vier große Bereiche aufgeteilt: Altertum, Vorderer Orient, Ostasien und Religion. Viele der 14 Institute arbeiten bereits seit Langem Hand in Hand, wie zum Beispiel im Exzellenzcluster Topoi, in dem Wissenschaftler verschiedener Disziplinen gemeinsam den Wandel von Raum und Wissen in der Antike ergründen.

Die nachbarschaftliche Unterbringung soll die Zusammenarbeit weiter stärken. „Inhaltlich eng miteinander verbundene Institute sind sich nun auch räumlich nahe und finden einen gemeinsamen Ort für Lehre und Forschung in der zentralen Bibliothek“, sagt Professorin Karin Gludovatz, Dekanin des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften. Das erleichtere nicht nur den wissenschaftlichen Austausch sehr. Häufig würden Kleine Fächer in Kombination studiert, die Studierenden hätten deshalb bisher weite Wege zwischen den entfernt liegenden Standorten in Kauf nehmen müssen. Die räumliche Nähe helfe, Zeit zu sparen, und verbessere die Studienbedingungen.

„Der Neubau ist ein entscheidender Schritt zur engeren Vernetzung der Universität und damit zur Intensivierung der fächerübergreifenden Zusammenarbeit“, sagt Universitätspräsident Professor Peter-André Alt. Denn künftig werden die Wege für Studierende und Wissenschaftler kürzer. Mit dem Einzug der Kleinen Fächer in den Neubau gibt die Universität elf über den Campus verstreute Villen auf, in denen bisher Institute untergebracht waren. Ein Teil davon geht in den Verkauf und trägt so zur Finanzierung des Erweiterungsgebäudes bei. Von den insgesamt etwa 52 Millionen Euro Baukosten trägt die Universität rund 33,5 Millionen. 18,5 Millionen Euro gibt der Bund als Förderung dazu, weil mit der Zusammenführung der Fächer auch die Forschungsverflechtung vorangetrieben wird.

„Wir sind mit den Arbeiten nicht nur im vorgesehenen Zeitplan geblieben, sondern auch im Kostenrahmen“, freut sich Kanzler Peter Lange über die doppelte Punktlandung. Und das, obwohl die Vorbereitungs- und Bauzeiten sehr kurz gewesen seien: Nach der Auslobung des europaweiten Wettbewerbs 2004, den das Büro Florian Nagler Architekten aus München 2005 für sich entscheiden konnte, wurden die Pläne 2007 aufgrund von wirtschaftlichen Überlegungen noch einmal überarbeitet, dann konnte es losgehen. Die reine Bauzeit dauerte nach der Grundsteinlegung im August 2012 nur gut zweieinhalb Jahre.

Zeitverzüge bei den Arbeiten – etwa durch einen notwendig gewordenen Wechsel von einem Planungsbüro für die Technische Ausrüstung zu einem anderen – hätten an anderer Stelle ausgeglichen werden können, sagt Meising. „Das lag auch an der hervorragenden Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz und der Bauleitung des Architekturbüros.“

Mit seiner ein- bis dreigeschossigen „Gebäudetopografie“ und den begrünten Innenhöfen lehnt sich die Architektur des Neubaus an die bestehende Gebäudestruktur der Rost- und Silberlaube an. Viele Aufenthaltsbereiche und Knotenpunkte im Gebäude bieten Mitarbeitern, Wissenschaftlern und Studierenden Orte, um zusammenzutreffen und miteinander zu kommunizieren. „Dazwischen gibt es aber auch kleinteilige Einheiten, in denen die Institute wieder eine eigene Identität entwickeln können“, sagt Architekt Florian Nagler. „Die früher in den Villen untergebrachten Institute verschwinden auf diese Weise nicht in einer uniformen, gesichtslosen Megastruktur.“ Nach Stahl und Aluminium, dem Fassadenmaterial der Rost- und Silberlaube, habe sich die Frage nach der Gestaltung der Außenseite des Neubaus gestellt: „Wir haben uns für Zedernholz entschieden“, sagt Nagler, „einen regenerativen, nachhaltigen Baustoff.“

Der Neubau entspreche neuesten ökologischen Standards und sei komplett barrierefrei zugänglich, sagt Uwe Meising: „Eine energetische Besonderheit ist die natürliche Klimatisierung des Gebäudes.“ In den Büroräumen können dank Wetterschutzlamellen Fenster offen gelassen werden, um die Nachtkühle zur Belüftung zu nutzen. Auch in der Bibliothek werden die Fenster für die Nachtkühlung elektromotorisch geöffnet, durch Öffnungsflügel in den Oberlichtern kann die erwärmte Luft ausströmen. Gesteuert wird über Wind- und Regenwächter, in Abhängigkeit der Außen- und Innentemperaturen. Ein neu angelegter Eingangsplatz an der Fabeckstraße bietet Studierenden und Mitarbeitern die Möglichkeit, unter Zierkirschen zu lernen und zu arbeiten.

Nun muss sich das Gebäude im Alltagsbetrieb bewähren. Auf die Frage, ob die Bauabteilung ein solch großes Projekt noch einmal in Angriff nehmen würde, antwortet Meising diplomatisch: „Wir wissen jetzt, wie es geht – aber auch, dass die Herausforderungen riesig sind.“

Mona Muth

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