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Herthas beste Tischtennismannschaft könnte sich die Zweite Bundesliga nicht mehr leisten, wenn die Profifußballer absteigen und deshalb der Gesamtetat des Vereins gekürzt werden müsste.

© promo

Familie am Tropf: Herthas Abteilungen zittern mit den Fußballprofis

Herthas drohender Abstieg in die Zweite Bundesliga würde alle Abteilungen des Clubs treffen. Tischtennisspieler, Kegler oder Boxer hoffen daher auch aus eigenem Interesse auf den Klassenerhalt der Fußballprofis.

In der Not rückt ein Verein zusammen. Das war zuletzt vor dem Heimspiel gegen Werder Bremen zu besichtigen: Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle von Hertha BSC bildeten auf dem Trainingsplatz einen Kreis um die Profi-Fußballmannschaft. Die Geste der Unterstützung wirkte, Hertha gewann am Tag danach 1:0.

Nun zeigt die Szene, dass hinter einer Fußball-Mannschaft, deren Mitglieder auch nach einem Abstieg nicht beschäftigungslos werden, Menschen stehen, die sich ernsthaft sorgen. Um den Verein, aber vor allem um die eigene Zukunft.

Die drohende Versetzung in die Zweite Fußball-Bundesliga würde alle Abteilungen des eingetragenen Berliner Sport-Clubs treffen: die Amateur-Fußballer, die Tischtennis-Abteilung, die Boxer, die Kegler. Im letzten Zweitliga-Jahr 2010/11 wurde an ihrem Budget wenig bis gar nicht gekürzt, ein weiteres Mal ist das nicht mehr möglich. Am Mittwochabend wurden im Präsidium die Zuwendungen für die kommende Spielzeit beschlossen. „Die Einschneidungen wären noch gravierender“, sagt Lutz Kirchhof, Vorsitzender der Amateurfußballer.

Alle Sektionen erhalten Rückerstattungen aus den Beiträgen der 29 000 Hertha-Mitglieder, dazu gibt es Zuschüsse der ausgegliederten Kommanditgesellschaft auf Aktien der Profifußballer. Auf das Geld sind die Abteilungen angewiesen, trotz teils beachtlicher eigener Erfolge.

„Wir hängen daran wie am Tropf“, sagt Gerd Welker, der Vorsitzende der Tischtennisabteilung, die sich fast ausschließlich über die Mitgliedsbeiträge finanziert. „Ein Abstieg wäre ganz schlimm für uns.“ Die Abteilung aufzulösen stehe zwar nicht zur Debatte. Aber weiter in der Zweiten Bundesliga Tischtennis zu spielen wird nur schwerlich möglich sein. „Auf welcher Ebene weiß kein Mensch, es ist eine Etatfrage.“ Nicht nur deshalb hofft Welker auf den Klassenerhalt der Fußballer. „Das wäre wichtig für Berlin, noch wichtiger für die Abteilungen“, sagt er.

Jeder leidet und hilft auf seine eigene Art

Am Besten sieht es wohl noch bei den Boxern aus. „Wir verfolgen das Geschehen gebannt“, sagt Abteilungsleiter Peer Mock-Stümer, „aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Klassenerhalt gelingt.“ Im Falle eines Abstiegs sei das Vereinsleben nicht gefährdet. Auch wenn der Profi-Fußball den Betrieb in der Box-Bundesliga alimentiert und sich die Bedingungen verändern würden.

Am drastischsten sind die Konsequenzen bei den Keglern. Die haben gerade den Bundesliga-Klassenerhalt geschafft, es wäre wohl vergeblich gewesen. „Wenn der Zuschuss entfällt, können wir das nicht mehr stemmen“, sagt der Vorsitzende Hans-Joachim Bläsing, „die Tendenz ist, die Mannschaft abzumelden.“ Man würde zwar versuchen, in Eigeninitiative Mittel aufzutreiben, etwa die Spieler selbst für Auswärtsreisen zahlen zu lassen. Aber Bläsing kennt die Zahlen, die bei den erweiterten Präsidiumssitzungen in Aussicht gestellt wurden. Dort hat sich auch Trainer Otto Rehhagel vorgestellt, „da hat man auch mal ein paar Worte gesagt“, berichtet Bläsing, die Fußballer dürften sich ihrer Bedeutung für den Rest-Verein also bewusst sein.

Die anderen Abteilungen wären jedenfalls bereit, alles zu tun. „Wir würden alle zurücktreten, unsere Beiträge spenden, wenn es dafür auf dem Platz besser laufen würde“, sagt Bläsing.

Dabei leidet und hilft jeder auf seine eigene Art. Amateurfußballchef Kirchhof arbeitet im Kaffee-Vertrieb und mobilisiert auf seinen Reisen durch Berlin und Brandenburg Kunden, ins Olympiastadion zu kommen, um die Profis zu unterstützen. „Wir wollen nicht, dass Mannschaften abgemeldet werden“, sagt er. Alle Amateurteams, von der U 7 bis zur Ü 60, sollen erhalten bleiben, „die Frage ist, ob wir alle noch so unterstützen können.“

Welker berichtet, dass es für seine Tischtennisspieler gar böse Worte der Zuschauer wegen der Leistungen der Profi-Fußballer gebe. „Aber wir bekommen auch Zuspruch“, sagt der Abteilungsleiter, „wir sind eben eine Familie."

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