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Hertha BSC: Luhukay und die Augsburgisierung Berlins

Herthas zukünftiger Trainer plant für die Zweite Liga und mit Michael Preetz. Hingabe und Leidenschaft sind ihm wichtig.

Berlin - War recht turbulent in den vergangenen Tagen bei Hertha BSC. Relegation und Enttäuschung und Prozess und Enttäuschung und Prozess und Enttäuschung – wahrscheinlich fand sich keine Zeit dafür, mit Jos Luhukay den ersten offiziellen Auftritt in Berlin durchzugehen. Luhukay sprach am Dienstag ein halbes Stündchen lang. Über den Wunsch, sofort in die Erste Liga zurückzukehren, über die Tücken der Zweiten Liga, „wir sind ja nicht allein, es gibt harte Konkurrenz, am am Ende wollen wir unbedingt unter den ersten Drei sein“, am liebsten auf Platz eins oder zwei, auf dass es zum direkten Aufstieg reiche. Kurzum: Der Fußballlehrer Jos Luhukay sprach mit einer Selbstverständlichkeit von einer Berliner Zukunft in der Zweitklassigkeit, als sei die juristische Auseinandersetzung mit dem Deutschen Fußball-Bund längst beendet und ein Rencontre in dritter Instanz kein Thema mehr für Klub- und Geschäftsführung. „Nach zwei Relegationsspielen und zwei Gerichtsterminen muss man davon ausgehen, dass es die Zweite Liga wird“, sagte der neue Trainer.

Neben ihm saß Michael Preetz und lächelte ein wenig gequält. So einfach sei das leider nicht, sagte Herthas Geschäftsführer Sport. „Natürlich müssen wir Stand jetzt davon ausgehen, in der kommenden Saison in der Zweiten Liga zu spielen.“ Aber erst müsse die schriftliche Begründung für den ablehnenden Bescheid vor dem DFB-Bundesgericht eintreffen, womit im Lauf der Woche zu rechnen sei. Erst nach sorgfältiger Prüfung werde die Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien entscheiden, ob sie weiter um die Zugehörigkeit zur Ersten Liga kämpfe oder sich abfinde mit dem sportlich vollzogenen Abstieg. Das Votum der Basis bei der Mitgliederversammlung am Dienstagabend im ICC (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet) hatte allenfalls folkloristischen Charakter – und war keinesfalls so bindend, wie es Präsident Werner Gegenbauer in seiner ersten Ankündigung in der vergangenen Woche angedeutet hatte.

Innerlich aber scheint der Verein sich längst mit dem Abstieg abgefunden zu haben. Luhukay war bei seiner Vorstellung nur allzu deutlich anzumerken, wie sehr es ihn nach Planungssicherheit verlangt – „wir haben schon zwei Wochen verloren“, durch die prozessbedingte Ungewissheit, in welcher Liga denn der Neubeginn stattfinden wird. Das erste Training ist für den 24. Juni angesetzt, sechs Wochen später beginnt der Spielbetrieb in der Zweiten Liga. Die Erste Liga gönnt sich noch drei weitere Wochen Pause.

Jos Luhukay führte bemerkenswert oft die Vokabeln „Leidenschaft“, „Begeisterung“ und „Freude“ an. Allesamt zählten sie in der jüngeren Vergangenheit nicht zum Wortschatz der kickenden Berliner Belegschaft, wohl aber der von Luhukays früherem Klub FC Augsburg. Was die Hingabe auf dem Platz betrifft, „waren wir in der vergangenen Saison schwer zu überbieten“. Am Ende reichte es für die Augsburger trotz bescheidener finanzieller Mittel zu Platz 14 und sieben Punkten mehr, als sie Hertha BSC auf dem Relegationsplatz vorzuweisen hatte. Was Luhukay plant, ist sozusagen eine Augsburgisierung Berlins, allerdings mit dem Mann, der für die Zusammenstellung der alten Mannschaft verantwortlich war. „Ich habe vollstes Vertrauen in den Manager und Menschen Michael Preetz“, sagte der neue Hoffnungsträger. „Sonst würde ich hier nicht sitzen.“

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