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Peter Niemeyer: Ausgleichend aggressiv

Die Erfolgsserie von Hertha hängt auch mit Kapitän Peter Niemeyer zusammen, der die Mitte stabilisiert. Schon länger ist er ein wichtiger Machtfaktor in der Mannschaft, doch sein Einfluss scheint noch einmal zugenommen zu haben.

Peter Niemeyer verließ den Trainingsplatz mit fetter Beute. Er trug einen Marmorkuchen davon, dazu ein Glückwunschschreiben. Geschenke eines Fans zum 29. Geburtstag, den Niemeyer am Donnerstagnachmittag zu Teilen auf dem Vereinsgelände von Hertha BSC verbracht hatte. Er war nicht der einzige Jubilar. Peer Kluge feierte ebenfalls seinen Geburtstag. Lustig eigentlich, dass die beiden Mitglieder von Herthas Doppelsechs am gleichen Tag geboren sind. Dass es zwischen Niemeyer und dem drei Jahre älteren Kluge deshalb aber so etwas wie eine innere Verbundenheit gibt, die ihr harmonisches Zusammenspiel begründet, das ist eher nicht der Fall. Im Gegenteil. „Wir sind zwei verschiedene Spieler“, sagt Niemeyer, der Kapitän des Berliner Fußball-Zweitligisten. „Deshalb ergänzen wir uns so gut.“

Dass Hertha seit inzwischen zwölf Spielen ungeschlagen ist und mit einem Sieg in Aue (Ab 13.30 Uhr live im Ticker) nicht nur den zweiten Tabellenplatz zurückerobern, sondern auch bis auf zwei Punkte an den Tabellenführer Eintracht Braunschweig heranrücken kann, das ist auch das Verdienst der stabilen Mitte mit Niemeyer und Kluge. „Peter ist ein defensiv denkender Mittelfeldspieler, Peer ein offensiv denkender“, sagt Trainer Jos Luhukay. „Dadurch haben wir eine gute Balance gefunden.“ Niemeyer sagt, er wolle sich nicht hervorheben, sondern versuche einfach, wichtig für die Mannschaft zu sein. Trotzdem ist es wohl kein Zufall, dass Hertha in den beiden Spielen, in denen der Kapitän fehlte, nur zu zwei Unentschieden kam: beim damaligen Tabellenletzten Duisburg und zu Hause gegen Ingolstadt.

Die beiden zentralen Mittelfeldspieler haben eine erfolgreiche Arbeitsteilung gefunden. Während Kluge für Luhukay der „Schalterspieler“ ist, der nach vorne alle Freiheiten besitzt und die Offensivspieler in Szene setzen soll, interpretiert Niemeyer die Rolle als Sechser eher klassisch, also in erster Linie defensiv und in engem Kontakt zur Viererkette. „Das macht er hervorragend“, sagt Luhukay. „Er räumt unheimlich viel ab, er unterbricht viele Aktionen des Gegners. Nicht umsonst haben wir erst ein Kontergegentor bekommen. Peter ist stark in der Balleroberung, er ist zweikampfstark. Und er kann gut antizipieren. Er hält das Zentrum zusammen und so Druck von der Innenverteidigung ab.“ Nur Eintracht Braunschweig hat in den bisherigen Spielen weniger Gegentore kassiert als die Berliner.

Niemeyer ist das, was für Ottmar Hitzfeld als Trainer der Bayern einst der Holländer Mark van Bommel war: der aggressive Leader. Einer, der nicht nur seine eigene Mannschaft antreibt, sondern auch erfolgreich die Bemühungen des Gegners hintertreibt, mit allen legalen und halb legalen Mitteln. Van Bommel war ein Meister darin, die Grenzen des Erlaubten auszutesten – und sie bisweilen auch zu überschreiten. Bei Niemeyer hat man manchmal das Gefühl, er habe ebenfalls richtig Spaß, mit einer gewissen Härte und Aggressivität in die Zweikämpfe zu gehen. Kein Spieler bei Hertha hat in dieser Saison mehr Gelbe Karten gesehen als er (sechs), der Kapitän ist der einzige Berliner, der schon wegen fünf Verwarnungen gesperrt war.

Als der Mittelfeldspieler am Montag gegen St. Pauli Gelb sah, begleitete er die Entscheidung des Schiedsrichters mit einem Lächeln. Diese Verwarnung hatte er quasi billigend in Kauf genommen. Niemeyer haderte damit, dass seine Mannschaft nicht richtig ins Spiel fand, dass der Zugriff fehlte und für seinen Geschmack der richtige Biss. „Wenn ich das Gefühl habe, dass es nötig ist, muss ich auch eine gewisse Aggressivität einbringen“, sagt Niemeyer. „Ich konnte schon als Kind ganz schlecht verlieren. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“

Peter Niemeyer war schon in den vergangenen beiden Jahren ein wichtiger Machtfaktor innerhalb der Mannschaft; sein Einfluss aber scheint noch einmal zugenommen zu haben. „Da spielt auch die Erfahrung eine Rolle“, sagt Niemeyer. „Aber ich habe mich nicht von gestern auf heute geändert.“ Dass Luhukay ihn vor der Saison zum Kapitän ernannt hat, war nicht nur eine fast logische Entscheidung – es war auch eine, die sich für beide Seiten als segensreich herausgestellt hat. Niemeyer trägt nicht schwer an der Binde, im Gegenteil. Sein Gemeinsinn wird durch das Amt eher noch befördert. „Ich glaube, dass es mich noch ein Stück weit reifer gemacht hat. Früher konnte man noch ein bisschen egoistisch sein. Jetzt habe ich das Gefühl, dass ich das nicht mehr sein kann“, sagt Niemeyer. „Ich habe schon das Bedürfnis, dass die Mannschaft funktioniert.“

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