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Knut

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Knut: Alles für die Tatz

Die Knut-Show ist abgesetzt. Und nicht nur der tierische Hauptdarsteller hat damit Probleme. Immerhin steht er damit in einer imposanten Reihe zu groß geratener Kinderstars.

Shirley Temple ging es so, Macaulay Culkin, Heintje, Thomas Ohrner – und auch Knut hat sichtlich Mühe, mit seiner neuen Rolle als ehemaliger, schon etwas zu groß geratener Kinderstar zurechtzukommen. Seine Show hat der Zoo am Sonntag ohne Ankündigung abgesetzt, jetzt präsentiert ihnen der Eisbär die Quittung. „Hier bei mir ist Land unter und Knut benimmt sich unmöglich“, schimpft Bärenkurator Heiner Klös abseits des Geheges ins Telefon. Man versteht ihn kaum, denn überall wuseln Grundschüler herum, drängeln, kreischen, greinen: Knut, ich will Knut sehen!

Und der Eisbär? Denkt gar nicht daran, sich in seinem Gehege länger als zwei, drei Sekunden zu zeigen. Nicht ohne Show, nicht ohne Pfleger Thomas Dörflein. Das Tier steckt kurz die Schnauze aus der Höhle, läuft ein paar hastige Schritte durch den Sand – und ist schon wieder hinter den Felswänden verschwunden. Der kurze Blick auf ein wackelndes, schmutzig-weißes Bärenhinterteil ist alles, was die 3b der Paul-Simmel-Grundschule auf ihrem Wandertag erhascht. „Jetzt ist die Enttäuschung natürlich groß“, sagt eine Mutter. Derweil versuchen die Lehrer, den Kindern die anderen Attraktionen des Zoos schmackhaft zu machen: die Tiger, die Löwen, lasst uns zu den Affen gehen…

Wirklich übel nimmt Bärenkurator Klös die Allüren seines Jungstars nicht. „Knut ist eben ein Tier.“ Der Eisbär müsse sich jetzt an seinen neuen Alltag, das kleinere Gehege und den neu angelieferten Baumstamm erst einmal gewöhnen. Dass der Tag, an dem Knut zu einem ganz normalen Zootier wird, nicht fern ist, war allen klar. Doch das Ende der Knut-Show, der täglichen Auftritte mit seinem Pfleger kam Sonntag für die Zoobesucher überraschend. Was volle Absicht war, sagt Klös. „Wir wollten keine Abschiedsvorstellung geben.“

Nur hat der Zoo seine Rechnung ohne Berlins Grundschulen gemacht, die sich gestern kurz vor den Ferien in Massen aufmachten, um einmal noch den Eisbären beim Toben zu sehen. Der Tumult vorm Gehege, der bei jedem sichtbaren Fellfetzen dann in noch größere Wallung gerät, scheint Knut den Rest zu geben. Zwanzig Minuten bleibt das Eisbären-Areal völlig verwaist. Was einer geschickt für sich zu nutzen weiß: Ernst, der acht Monate alte und bislang nur wenig beachtete Malaienbär, läuft nebenan zu Hochform auf, turnt auf der Spitze seines Baumes herum und zieht dem launischen Knut die Fans scharenweise ab. „Guck mal, der Piepel da oben ist viel besser“, sagt ein Junge. „Knut ist auch gar nicht mehr so süß wie auf den Bildern“, nickt die Freundin. Derweil vertreibt sich die 2a aus der Weinmeisterhorn-Grundschule die Wartezeit mit einer öffentlichen Abstimmung. „Wer hasst Knut?“ ruft ein Mädchen. Acht Finger schnellen in die Luft.

Die Welt kennt eben kein Erbarmen mit pubertären Kinderstars. Gut, dass Knut nur ein Eisbär ist. So bleiben ihm nach dem flüchtigen Ruhm wenigstens Depressionen und Drogenflucht erspart.

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