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Mitten in Berlin: Vom Halleschen Ufer aus treibt die Berlinovo ihre "Zwiebelstrategie" voran.

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Berlinovo: Erfolgreich mit der Zwiebelstrategie

Schweres Erbe: Die Berliner Immobiliengesellschaft Berlinovo verwaltet das immens überschuldete Portfolio der Berliner Bankgesellschaft. Geschäftsführer Roland Stauber nahm vor drei Jahren die Herausforderung an steht seitdem an der Spitze des Unternehmens. "Zwiebelstrategie" nennt er die Ausrichtung auf Berlin - und er hat gute Gründe dafür.

Er ist ein Mann, der auf schwierige Aufgaben steht. So jedenfalls erzählt Roland Stauber die Geschichte, die ihn an die Spitze der Berlinovo brachte. "Alle haben mir gesagt: Das ist unlösbar, daran wirst du dir einen Bruch heben", sagt er. Doch er nahm die Herausforderung an, wurde Geschäftsführer – und ist es nun bereits seit drei Jahren.

Doch der Reihe nach. Die Berlinovo ist eine Berliner Immobiliengesellschaft, die aus der Berliner Immobilien Holding GmbH hervorging und das Geschäft der Berliner Bankgesellschaft übernahm. Ein sehr schweres Erbe, denn genau wegen dieser Immobiliengeschäfte kollabierte die Gesellschaft, der damalige Bürgermeister Eberhard Diepgen stolperte über die Affäre und musste gehen. Das gesamte Portfolio war damals immens überschuldet. "Ein echter Klotz am Bein der Stadt", meint Stefan Siebner, Sprecher der Berlinovo. "Unsere Aufgabe war es, das Risiko, das die Stadt da geerbt hatte, zu verringern."

Das Gebäude der Berlinovo steht in Kreuzberg am Halleschen Ufer und hat eine belebte dreispurige Straße vor der Tür. Roland Stauber sitzt an einem ausladenden Schreibtisch in einem großen Büro. Er ist ein kräftiger Mann, spricht ruhig und bedacht. Er führt die Geschäfte zusammen mit Kira Baitalskaia. Während er eher der Stratege ist, kümmert sie sich um das Tagesgeschäft, um die Finanzen und um das Personal.

"Investitionen außerhalb Berlins machen für ein Berliner Landesunternehmen überhaupt keinen Sinn"

Stauber beschreibt die Zusammenarbeit mit seiner Kollegin Baitalskaia etwas zurückhaltend als "professionell gut". Doch das Unternehmen ist stolz darauf, wie es seine Frauen fördert. "Bei gleicher Eignung stellen wir die Frau ein", sagt Stauber. Der Frauenanteil in Führungspositionen lag im vergangenen Jahr bei unter 40 Prozent, soll aber in den kommenden Jahren auf die Hälfte ausgebaut werden. Seit Anfang des Jahres ist das sogar in der Satzung verankert.

24 geschlossene Immobilienfonds umfasst das Portfolio, das nach dem Bankenskandal an das Land Berlin ging. Mittlerweile hält das Land fast 99 Prozent der Anteile. Das war Mitte der 2000er-Jahre noch ganz anders: 2005 besaß das Land noch weniger als zehn Prozent. Ein umfassendes Rückkaufprojekt wurde in dieser Zeit in Gang gesetzt. Eigentlich war angepeilt, dass bis Ende 2014 alle Anteile in Landesbesitz sind. Doch das ist kaum noch zu schaffen, gibt Sprecher Siebner zu: "Wer bis jetzt noch nicht verkauft hat, hat seine Gründe dafür." Knapp 500 private Zeichner besitzen noch Anteile, und sie zu überzeugen ist schwer.

Die Berlinovo richtet sich derzeit bewusst auf den Berliner Markt aus, eine Entwicklung, die Roland Stauber entschieden vorantreibt. Noch sind die Immobilien über die ganze Bundesrepublik verstreut, besonders viele Gebäude stehen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. "Aber Investitionen und Sanierungen außerhalb Berlins machen für ein Berliner Landesunternehmen überhaupt keinen Sinn", sagt Stefan Siebner. Große Einkaufszentren im Bundesgebiet sollen behalten, Wohnungen und "Spezialimmobilien" wie Tankstellen oder Hotels aber nach und nach verkauft werden. Das ist auch insofern bedeutsam, als sich nur etwa ein Drittel des Bestandes in Berlin befindet, zwei Drittel aber außerhalb der Hauptstadt. Die Berlinovo befindet sich also mitten in einem großangelegten Umbauprozess.

Gerade erst wechselten 15.000 Wohnungen den Besitzer, die Berlinovo verkaufte die Wohnungen an die Westgrund AG. Das ist ein großer Teil der Privatwohnungen, die außerhalb von Berlin liegen. "Projekt Phönix" hatte das Unternehmen diesen Verkauf getauft, er ist Teil der strategischen Ausrichtung auf die Hauptstadt. "Die Westgrund AG ist ein deutscher Investor und keine 'Heuschrecke'", sagt Siebner. "Wir haben uns mit dieser Entscheidung wohlgefühlt."

Desinvestieren aus der Fläche, reinvestieren in der Hauptstadt

Bei diesem Geschäft kam Roland Stauber seine langjährige Erfahrung im Immobilienbereich zugute. Nicht ohne Stolz erzählt er davon, wie er schon einige Zeit vorher erkannte, dass "Wohnungen bald der letzte Schrei sein werden", wie er es nennt. Das verschaffte genug Zeit, um ein Paket zu schnüren und einen Käufer zu finden. "Ich kenne diese Zyklen", sagt Stauber.

Aus dem Ausland hat sich die Berlinovo bereits nahezu vollständig zurückgezogen, nur eine Handvoll Objekte besitzt sie noch außerhalb deutscher Landesgrenzen. Anfang des Jahres wechselte ein Bürogebäude in Florida den Besitzer. Ein Indianerstamm kaufte das Gebäude, einer Berliner Boulevardzeitung war die Geschichte von den Immobilien-Indianern sogar eine Titelgeschichte wert. "Die haben uns einen sensationellen Preis geboten", sagt Stauber und lächelt verschmitzt. "Wir verfolgen eine Zwiebelstrategie, von außen nach innen." Das bedeutet: Zuerst die Immobilien aus dem Ausland loswerden, dann die in Deutschland, die außerhalb von Berlin liegen.

Desinvestieren aus der Fläche, reinvestieren in der Hauptstadt, das ist die Maxime. "Was unterm Strich hängen bleibt, wird zum Wohle der Stadt investiert", sagt Roland Stauber. Zum Beispiel in Pankow. Hier hat Stauber ein Gelände im Auge, auf dem ein Haus steht, in dem sich Künstlerateliers befinden. Die Ateliers sollen erhalten bleiben, zusätzlich sollen eine große Kita entstehen und mehrere Hundert Wohnungen für Studenten. Das Projekt befindet sich aber noch im Planungsstadium. "Es wird immer schwerer für Studenten, eine bezahlbare Wohnung zu finden", sagt Stauber. "Die Wohnungen sollen Preise haben, die zum studentischen Budget passen", verspricht er.

Als Vermieter legt die Berlinovo viel Wert auf einen guten Ruf. Gerade erst ist eine Imagekampagne gestartet, in der sie sich als "Fair-Mieter" bezeichnet. 14.000 Mietwohnungen hat sie in Berlin, die größten Bestände finden sich in Kaulsdorf und in Spandau. Dort hat sie auch jüngst eine Befragung durchgeführt, und das Ergebnis ist durchaus positiv ausgefallen: 95 Prozent der befragten Mieter sind tatsächlich zufrieden und fühlen sich fair behandelt.

Die Berlinovo wird sich "verschlanken"

In der Kritik ist die Berlinovo gerade wegen etwas anderem: Ihr wird vorgeworfen, mit ihrem Angebot "Berlinovo Apartment" gegen das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum zu verstoßen, ein Gesetz, das verhindern soll, dass Mietwohnungen als Unterkünfte für Touristen angeboten werden. "Berlinovo Apartment" ist die alte "Arwo-Bau", die zum 50-jährigen Jubiläum umbenannt wurde und eine Tochter der Berlinovo ist. Doch die Kritik ficht das Unternehmen nicht an: "Wir vermieten ja nicht an Touristen, sondern an Neuberliner", sagt Sprecher Siebner. Die durchschnittliche Wohnzeit in den möblierten Wohnungen soll bei einem Jahr liegen. Siebner geht vielmehr davon aus, dass das Angebot durch die PR-Kampagne zur Umbenennung in den Fokus gerückt ist. Doch er wähnt sich auf der sicheren Seite: "Wir schließen schließlich unbefristete Mietverträge", sagt er.

Durch die Ausrichtung auf den Berliner Markt wird sich die Berlinovo perspektivisch verschlanken. Im Klartext: Dann werden weniger als die 350 Mitarbeiter gebraucht werden, die jetzt für sie arbeiten. Stefan Siebner hofft, dass das ohne betriebsbedingte Kündigungen ablaufen wird. Doch einer wird auf jeden Fall erst einmal an Bord bleiben: Roland Stauber. Sein Vertrag ist Ende 2013 um fünf Jahre verlängert worden, er bleibt also mindestens bis 2019.

Dieses Stück erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin "Köpfe" aus dem Tagesspiegel-Verlag, das Sie hier bekommen können: Tagesspiegel Köpfe bestellen

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