zum Hauptinhalt

Kein Durchkommen: Mit dem Taxi zum Ku'damm

Eigentlich wollte Tagesspiegel-Leser Sven Kordus am Abend des 9. November mit seinen Freunden Doppelkopf spielen. Daraus wurde aber nicht viel. Die Nachrichten vom Mauerfall waren doch interessanter. Da wollten die Freunde dabei sein. Also nichts wie hin zum Ku'damm.

Mit meinen Freunden Otto, Rainer, Friedemann und Jürgen spielte ich am Abend des 9. November Doppelkopf. Da aber die Ost-West-Situation sehr angespannt war ( Montagsdemo in Leipzig und Kirchendemos in Ost-Berlin ), hatten wir schon den Fernseher an. Am Abend kam immer die AK ( Aktuelle Kamera ) und brachte neueste Nachrichten : Auf einer Pressekonferenz in Ost-Berlin verkündete das Mitglied Günter Schabowski des höchsten DDR-Machtzirkels ganz nebenbei die  Öffnung der Berliner Mauer" .

Hatten wir richtig gehört - "freie Ausreise" - nee, dass war ein Hörfehler, zur Sicherheit noch die "Berliner Abenschau" angestellt, auch hier wurde dieser Bericht gezeigt und schon in Anfängen kommentiert - kann doch nicht wahr sein !! Alle Sender, auch das Radio durchgezappt, überall das gleiche ( natürlich nicht im Ostradio ). An Doppelkopf war kaum zu denken, ein paar Bier wurden mehr gezischt, war ja auch ein angemessener Anlass. Dann kamen die ersten "Liveberichte" von den Sektorenübergängen und da warensie an der Bornholmer Straße, die ersten Trabbis rollten nach West-Berlin, Ost - und West-Berliner hielten sich in den Armen, Trabbis wurden durchgeschüttelt, Sekt floss in Strömen, Tränen und Juhu! Das wollten wir uns nicht entgehen lassen und fuhren zu viert ( Otto war ja ein oller SEW`ler ) mit dem Taxi zum Ku'damm, der Taxifahrer wurde schon an der Lietzenburger Straße ganz irre, weil überhaupt kein Durchkommen war. Also raus aus dem Taxi und per pedes zum Ku'damm.

Dort angekommen ( nach Mitternacht ), war alles voll, Ossis, Wessis, Ausländer, Touris , die Stimmung war ganz friedlich, ganz wie in der Kirche, richtig romantisch. Viele sangen oder spielten auf der Gitarre, dort und hier mal eine Flasche Sekt oder ein Bier, aber ganz ruhig und das ging noch Stunden so. Am nächsten Tag parkten die Autos in Dreierreihe auf dem Ku'damm, aber beschwert hat sich keiner und Knöllchen gab's auch keine.

SVEN KORDUS

Zur Startseite