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Serie Wendekalender: 16. Juli 1989

Übersiedler wollen am liebsten in West-Berlin bleiben, dürfen aber nicht

Im Notaufnahmelager Marienfelde kursiert eine Adressenliste mit Nervenärzten. Unter den DDR-Übersiedlern hat sich herumgesprochen, dass ein ärztliches Attest über die Gefahr eines Nervenzusammenbruchs oder eines Suizidversuchs die „Abschiebung“ nach Westdeutschland verhindert. Der Senat hatte die Direktive ausgegeben, dass nur noch Immigranten mit vormaligem Wohnsitz Ost-Berlin oder mit Verwandten in West-Berlin bleiben dürfen, alle anderen werden nach Westdeutschland weitergeschickt. Viele Übersiedler sind darüber enttäuscht. Sie hatten jahrelang vom Paradies West-Berlin geträumt, haben alles aufgegeben, um es zu erreichen, und nun dürfen sie nicht bleiben. Ein Maler aus Leipzig hat mit einem Attest erreicht, dass seine Familie nicht weiterziehen muss. „Uns tun die Leute leid“, sagt Harald Fiss, Referatsleiter Aus- und Übersiedler im Lager Marienfelde. Aber die Maler-Familie müsse unbedingt eine Ausnahme bleiben. „Berlin ist mit seiner Aufnahmekapazität am Ende.“

Vier West-Berliner sind auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße von 30 Skinheads überfallen und erheblich verletzt worden, meldet die Nachrichtenagentur AP. Sie wurden in die Charité gebracht. Die Volkspolizei habe nicht eingegriffen. loy

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