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Bernie Sanders und Hillary Clinton bei einer Debatte im vergangenen Oktober.

© dpa

Letzte TV-Debatte der Demokraten im US-Wahlkampf vor Iowa: Clinton und Sanders kämpfen um die Seele der Partei

Die führenden Präsidentschaftsbewerber fordern eine Richtungsentscheidung: Ist die Zukunft der US-Demokraten visionär links oder Neue Mitte?

Hillary Clinton und Bernie Sanders ringen um die Spitzenposition, wollen beide offiziell als Präsidentschaftskandidat der Demokraten nominiert werden. Zugleich ist das ein Kampf um die Ausrichtung der Partei. Das wird die Fernsehdebatte in der Nacht zu Dienstag erneut zeigen. Es ist die letzte, ehe die ersten Wähler am 1. Februar in Iowa ihre Stimmen abgeben.

Der Sozialist aus Vermont will höhere Steuern

Bernie Sanders, der 74-jährige Senator des Neuengland-Staats Vermont, ist offiziell gar kein Demokrat, sondern parteiunabhängig. Er nennt sich selbst einen „Sozialisten“ und stimmt im Kongress in der Regel wie die Demokraten ab. Er positioniert sich links der Parteimitte, auch links des noch amtierenden Präsidenten Barack Obama. Dessen Reformen gehen ihm nicht weit genug.

Sanders fordert höhere Steuern für die Besserverdienenden, ein Vorhaben, das Obama nicht durchsetzen konnte. Anstelle von Obamas Gesundheitsreform, die die privaten Krankenversicherungen als Hauptakteure beibehielt, möchte Sanders eine allgemeine, vom Staat getragene gesetzliche Krankenversicherung ähnlich wie in Skandinavien oder Deutschland. Und er möchte ein kostenloses Universitätsstudium, also die zum Teil horrenden Studiengebühren von bis zu 50.000 Dollar im Jahr an herausragenden Hochschulen abschaffen.

Clinton verteidigt das Erreichte

Hillary Clinton tut solche Vorhaben als „Träumerei“ ab. Im Gegensatz zu Sanders sei ihre Agenda „vernünftig und durchsetzbar“. Gewiss habe Obamas Gesundheitsreform nicht alle Ziele erreicht. Sie sei aber ein historischer Durchbruch; ein Erfolg, auf dem man aufbauen könne. Steuererhöhungen nennt Clinton schädlich für Amerikas Wirtschaft. Wichtiger sei, dass alle Amerikaner einen Job haben. Und das Bildungssystem will sie beibehalten; die ganze Welt beneide die USA um ihre Spitzenuniversitäten.

Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Sanders hat einen klaren Mobilisierungsvorsprung. Er will die USA stärker verändern, das spricht vor allem junge Leute an. Aber er erreicht damit auch ältere Demokraten, die seit Jahrzehnten um die Seele der Partei fürchten. Bill Clinton und Barack Obama hätten am Ende zu viel Kompromisse gemacht, eine Deregulierung zugelassen, zu wenig für soziale Gerechtigkeit gekämpft, den Reichen und den Konzernen ihre Privilegien belassen, die Mittel- und Unterschicht vernachlässigt.

Er mobilisiert, ihr fehlt die Begeisterung

Hillary Clinton löst mit ihrem pragmatischen Ansatz wenig Begeisterung aus. Das ist ein Nachteil in den Vorwahlen, in denen es bei der innerparteilichen Kandidatenkür auf die Anhänger der Demokraten ankommt. Aber im Hauptwahlkampf nach der Sommerpause, wenn der Kandidat feststeht und die wahlentscheidende Mitte gewinnen muss, dreht sich die Bewertung. Dann würde ein Kandidaten Sanders mit seinen linken Positionen es schwerer haben als eine „Middle oft he Road“-Kandidatin Clinton, bei der die Bürger keine Wende nach links fürchten müssen.

Und: Sanders hätte es mit Blick auf den Kongress schwer, vom Visionär zum Macher zu werden. Diese Begrenzung hat schon Obama erfahren müssen. Im Wahlkampf 2008 hatte auch er noch deutlich progressiver geredet als er später regierte. Nur in den ersten beiden Jahren hatten die Demokraten die nötige Parlamentsmehrheit in Abgeordnetenhaus und Senat, um Reformen durchzusetzen. Bei der ersten Zwischenwahl ging sie verloren.

Im Kongress gibt es keine Mehrheit für Sanders Pläne

Die Mehrheit der US-Bürger will sich nicht an europäischen Sozialdemokratien orientieren. Freie Marktwirtschaft geht ihnen über Sozialstaat. Selbst wenn Sanders Kandidat würde und die Präsidentenwahl im Herbst gewänne – was beides nach heutigem Stand nicht gerade wahrscheinlich ist – würde er wohl nie die Kongressmehrheit für seine Agenda haben. Im Abgeordnetenhaus werden die Republikaner, wie es aussieht, ihre Mehrheit im Herbst verteidigen.

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