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Blog zum Musikfest Berlin (6): Was hinter den Tönen steckt

Ein gelungenes Konzert ist das Resultat harter Arbeit. Vorher feilen die Musiker in konzentrierten Proben an ihren Stücken. Wollen Sie einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen? Dann besuchen Sie eine Probe beim Musikfest.

Was machen Sie eigentlich tagsüber? Diese Frage bekommen selbst etablierte Profimusiker gestellt und sind dann entweder amüsiert oder fassungslos. Wie nur die Spitze eines Eisbergs ans Tageslicht kommt, ist ein Konzert eben nur möglich, wenn die anderen sechs Siebtel unter der Oberfläche, also nicht in der Öffentlichkeit, für individuelles Üben und gemeinsame Proben investiert werden. Eine Gruppe Tagesspiegel-Leser durfte nun ganz exklusiv einer Probe mit Pierre-Laurent Aimard und dem Chamber Orchestra of Europe lauschen.

Eine gute Stunde voller Überraschungen: Zuerst, wie perfekt eigentlich das Zusammenspiel beim ersten Durchspielen schon sein kann, wenn Pierre-Laurent Aimard und das Chamber Orchestra of Europe Mozarts Klavierkonzert in G-Dur proben. Aber dann auch, dass dieser gut zehnminütige Satz in weiteren 60 Minuten bis ins kleinste Details auseinander genommen wird, um dann am Ende doch noch ganz anders zu klingen.

Gebannt lauschen alle den Tönen und den oft wenigen Worten, die reichen, um sich über Phrasierungen oder dynamische Abstufungen auszutauschen. Und verwundert bemerkt ein Leser, dass eben nicht der Dirigent und Pianist aktiv ist, sondern die Konzertmeisterin und zunehmend auch die Stimmführer der anderen Gruppen sich in Diskussionen einmischen. Gelebtes demokratisches Musizieren wird hier sichtbar. Es gibt eben verschiedene Möglichkeiten, die Partitur zu interpretieren: Eine Stelle möchte der Solist etwas langsamer spielen, um danach das Tempo wieder anzuziehen – das Orchester ist anderer Meinung, und schnell wird übers Ausprobieren die beste Lösung gefunden.

Klar wird auch beim anschließenden Gespräch, dass man die Musik in einer Probe um vieles besser kennen lernen kann. Nun gibt es auch hier große Unterschiede: Ich erinnere mich an quälend lange und auch langweilige Proben und wieder an ganz beglückende Erfahrungen, an Dirigenten, die viel, bisweilen zu viel zur Musik sagen, andere, die fast nur mit den Händen alles zeigen können, was an Vorstellungen hinter den Tönen steckt. Manche, die sehr eindeutig und dominant musikalische Details vorgeben, andere die eher eine Einladung zum gemeinsamen Musizieren aussprechen und sich damit begnügen, einige Impulse zu setzen und zu fördern, dass die Musiker aufeinander hören.

Sicher sehr anders aber nicht minder interessant als bei der kammermusikalisch-demokratischen Musizierweise des COE wird es bei dem zweiten Probenbesuch zugehen, den wir wieder unseren Lesern anbieten: Am Montag, dem 9.9.2013 probt Esa-Pekka Salonen mit Matthias Goerne und dem Philharmonia Orchestra London für das Konzert am gleichen Abend. Ein Leckerbissen, auch weil der virile Finne sehr selten in Berlin auftritt.

Wollen Sie einen Blick hinter die Kulissen werfen? Dann melden Sie sich für den Probenbesuch an unter musikfest@tagesspiegel.de.

Andreas Richter

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