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Franz Beckenbauer ist nicht nur Weltmeister als Spieler und Trainer geworden, er gehört auch zu den wenigen Nationalspielern, die gegen Brasilien gewinnen konnten.

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Nur drei Siege in 20 Spielen: Angstgegner Brasilien

Gegen keine große Nation konnte Deutschland so selten gewinnen wie gegen Brasilien – eine Erinnerung an die wenigen Siege.

Unter echten Fußballfans gilt es als Sündenfall schlechthin, wenn Sponsoren versuchen, Einfluss auf die Vereinspolitik zu nehmen. Den freundlichen Ratschlag, den Dieter Zetsche am Tag vor dem Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien äußerte, wird man jedoch nur mit viel bösem Willen als unbefugte Einmischung verstehen können. „Es ist wirklich fällig“, sagte der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz. Fällig, dass die Deutschen mal wieder gegen Brasilien gewinnen. 18 Jahre liegt der letzte Sieg zurück, und überhaupt fällt die Bilanz gegen den Rekordweltmeister erschreckend dürftig aus. Gegen keine der großen Fußball-Nationen hat das DFB-Team so selten gewonnen, gegen keine fällt auch der Anteil an Siegen so gering aus. Von 20 Begegnungen konnten die Deutschen nur drei für sich entscheiden.

Hans-Peter Briegel trifft 1986 beim 2:0-Sieg gegen Brasilien.
Hans-Peter Briegel trifft 1986 beim 2:0-Sieg gegen Brasilien.

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STUTTGART 1968

Es sind aufregende Wochen, die die Nationalmannschaft im Juni 1968 erlebt. Zu Beginn des Monats hat das Team von Bundestrainer Helmut Schön bereits einen historischen Erfolg gefeiert. Zwei Jahre nach der Niederlage im WM-Finale von Wembley gelingt der Nationalmannschaft im 13. Versuch endlich der erste Sieg gegen England, und nur 15 Tage später ist auch Doppelweltmeister Brasilien fällig. 75 000 Zuschauer sehen an diesem 16. Juni im Stuttgarter Neckarstadion ein beeindruckendes Spiel der Deutschen. Siggi Held bringt die Gastgeber schon in der achten Minute in Führung, zehn Minuten nach der Pause erhöht der Hamburger Bernd Dörfel auf 2:0. Tostao gelingt zwar unmittelbar darauf der Anschlusstreffer, trotzdem müssen sich die Brasilianer, die ohne ihren Superstar Pelé angetreten sind, den Deutschen im dritten Duell seit 1963 zum ersten Mal geschlagen geben – und das vollkommen zu Recht. Der bekannte Sportpublizist Hans Blickensdörfer schreibt: „Deutschlands 2:1-Sieg war ein viel zu bescheidener Ausdruck für seine Überlegenheit in allen Belangen des modernen Fußballs.“ Auch Bundestrainer Schön sieht das „unsinnige Vorurteil“ widerlegt, „dass wir Deutschen gegenüber der Spielkunst der Südamerikaner nur Kraftfußball zu bieten hätten“. Seine Mannschaft habe „den großen Gegner in der modernen Anlage der Kombinationszüge und im Tempo“ sogar übertroffen. Ende des Jahres treffen beide Nationen in Rio de Janeiro erneut aufeinander. Zur Pause sieht es nach einer klaren Angelegenheit aus: Brasilien führt bereits 2:0, aber dank einer deutlichen Steigerung in der zweiten Halbzeit erkämpfen sich die Deutschen noch ein 2:2.

Der letzte Sieg datiert aus dem November 1993. Damals gewann Deutschland nach Toren von Guido Buchwald und Andreas Möller in Köln 2:1.
Der letzte Sieg datiert aus dem November 1993. Damals gewann Deutschland nach Toren von Guido Buchwald und Andreas Möller in Köln 2:1.

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FRANKFURT AM MAIN 1986

Hans-Peter Briegel hat von seinen 72 Länderspielen immerhin vier gegen Brasilien bestritten, trotzdem sind diese Begegnungen für ihn immer etwas Besonderes gewesen. Der bullige Außenverteidiger von einst erinnert sich noch an ein Aufeinandertreffen bei der sogenannten Mini-WM 1981 in Uruguay. Beim Warmmachen beobachtete er seinen späteren Gegenspieler, ein kleines Kerlchen, dessen Namen Briegel vergessen hat. „Der hat sich seine Beine hinter den Kopf gesteckt wie eine Gummipuppe“, sagt er. „Oje, oje, habe ich gedacht.“ Das Spiel ging 1:4 verloren. Wesentlich bessere Erinnerungen besitzt Briegel an die Begegnung fünf Jahre später im Frankfurter Waldstadion. Vor 52 000 Zuschauern erwischt die Mannschaft von Teamchef Franz Beckenbauer einen perfekten Start. Die zweite Minute: Lothar Matthäus tritt einen Eckball von der linken Seite, Briegel steht am ersten Pfosten, und köpft den Ball zur Führung ins Netz. Zwei Minuten vor dem Abpfiff trifft Klaus Allofs zum 2:0-Endstand und besiegelt damit Deutschlands höchsten Sieg gegen die Südamerikaner. Zudem ist es das erste und bis heute einzige Mal, dass die Brasilianer kein Tor gegen die Nationalmannschaft erzielen.

KÖLN 1993

Der Buß- und Bettag 1993 ist ein trister grauer Novembertag, es ist kalt und regnet fürchterlich, und abgesehen von einer Sambagruppe im Vorprogramm und dem Ergebnis dieses Freundschaftsspiels gibt es im Müngersdorfer Stadion nur wenig, was die 51 000 Zuschauer ein bisschen erwärmt. Vielleicht noch Andreas Möller. „Andi war heute der beste Spieler auf dem Platz“, sagt Bundestrainer Berti Vogts. „Es war vielleicht sein bestes Länderspiel überhaupt.“ Der Mittelfeldspieler von Juventus Turin hat bereits kurz vor der Pause das Tor zum 2:1-Endstand erzielt. Es ist das Ende einer kurzen Phase, in der sich die Ereignisse geradezu überschlagen. Guido Buchwald hat die Deutschen in Führung gebracht, zwei Minuten später gleicht Evair aus, und wiederum nur eine Minute darauf trifft Möller zum 2:1. Bemerkenswert ist die Partie vor allem deshalb, weil Lothar Matthäus mit seinem 104. Länderspieleinsatz Franz Beckenbauer als Rekordnationalspieler ablöst und Andreas Brehme 17 Monaten nach seinem Rücktritt aus der Nationalelf sein Comeback gibt. In Deutschlands Startelf stehen damit noch neun Spieler, die 1990 Weltmeister geworden sind. Die Brasilianer hingegen haben eine bessere B-Elf geschickt, die ziemlich unbrasilianisch spielt und vor allem durch unangemessene Härte auffällt. Bei den Gelben Karten liegen die Südamerikaner am Ende mit sechs zu zwei weit vorne.

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