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Rückblick: Wenn sich der deutsche Fußball blamiert

Dass es heutzutage keine kleinen Gegner mehr gibt, gehört zum Phrasen-Repertoire eines jeden deutschen Fußballinteressierten. Dabei wird sträflich missachtet, dass seit jeher nicht immer ein großer Sieg dabei herausspringt.

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1936 Deutschland – Norwegen 0:2

Als der Berliner AK den Erstligisten TSG Hoffenheim vor wenigen Wochen mit 4:0 aus der ersten DFB-Pokalrunde und dem heimischen Poststadion warf, rückte die Spielstätte wieder in den Blickpunkt Fußballbegeisterter aus der Republik. Bei Adolf Hitlers propagandistischen Olympischen Spielen 1936 wurde auf diesem Feld das Fußballturnier ausgetragen. Entgegen der Erwartungen schied die Mannschaft des Deutschen Reichs als klarer Favorit gegen das kleine Norwegen durch ein 0:2 in der Zwischenrunde aus. Es ist das einzig jemals von Hitler besuchte Fußballspiel der Nationalmannschaft, bei dem er zudem frühzeitig das Stadion verließ. Im Anschluss griffen bereits die heute üblichen Mechanismen scheiternder Teams: Bundestrainer Otto Nerz wurde entlassen, sein Nachfolger sollte ein gewisser Sepp Herberger werden.

1967 Albanien – BR Deutschland 0:0

Für Peter Meyer war dieser 17. Dezember ein besonderer Tag. Der Stürmer von Borussia Mönchengladbach machte sein erstes Länderspiel für die Bundesrepublik und ersetzte Gerd Müller, der von Trainer Helmut Schön geschont wurde. Es war das abschließende Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 1968 und der BRD reichte bei den drittklassigen Albanern ein 1:0, um als Gruppensieger vor Jugoslawien zur EM nach Italien zu reisen. Im Mittelfeld sollten Wolfgang Overath und Günter Netzer einen ungefährdeten Sieg dirigieren. Einzig: Es sollte nicht gelingen. Auf hartem Platz reichte es gegen den bissigen Gegner nur zu einem torlosen Unentschieden, die „Schmach von Tirana“ war perfekt. Deutschland verpasste somit zum ersten und bis dato einzigem Mal die EM – und für Peter Meyer war der Auftritt der erste und gleichsam letzte im Dress der Nationalmannschaft.

1975 Island – DDR 2:1

Aktueller Olympiadritter, die Bundesrepublik bei der WM 1974 geschlagen – es lief gut für die DDR in der ersten Hälfte der 70er Jahre. Dann stand die Qualifikation zur Europameisterschaft an. Nachdem es schon im Hinspiel in Magdeburg nur zu einem 1:1 gegen Island gereicht hatte, folgte die Niederlage in Reykjavik. Für die Amateure von der Insel war es der einzige Sieg. Dabei standen beim Gegner sechs Spieler in der Startelf, die 1974 die BRD besiegt hatten. Durch die verschenkten Punkte verpasste die DDR die EM.

Deutschland hat sich auch schon gegen Färöer schwer getan

1978 Tunesien – BR Deutschland 0:0

Vielleicht ahnte Helmut Schön, dass es für den Titelverteidiger nicht laufen wird. Oder die insgesamt 14 Jahre an der Seitenlinie waren genug – zumindest kündigte er vorzeitig an, nach dem WM-Turnier in Argentinien als Bundestrainer zurückzutreten. Schneller als gedacht waren er und seine Mannschaft dann wieder zu Hause. Nach dem Titelgewinn 1974 waren Wolfgang Overath und Gerd Müller aus der Nationalelf zurückgetreten. In Argentinien wurde auf den Neu-New-Yorker Franz Beckenbauer verzichtet, auch Paul Breitner fehlte. Die Folge: Ein torloses Unentschieden gegen den damaligen Fußballzwerg Tunesien in der Vorrundengruppe, bei dem einzig Torwart Sepp Maier Normalform zeigte. Gegen Österreich, in Córdoba, setzte es in der Zwischenrunde dann die legendäre 2:3-Niederlage. Deutschland schied aus, Jupp Derwall wurde neuer Bundestrainer.

1982 BR Deutschland – Algerien 1:2

Dass es auch unter neuer Führung nicht zwangsläufig besser laufen sollte, erfuhren Derwall und Fußballdeutschland zum Auftakt der WM vier Jahre später in Spanien. Eigentlich hätte die blamable Niederlage gegen Algerien Derwalls letztes Spiel an der Seitenlinie sein müssen, vollmundig kündigte er im Vorfeld an: „Wenn wir die nicht schlagen, fahre ich mit dem nächsten Zug nach Hause". Dem war nicht so, nach dem 1:2 verlor Deutschland erst wieder das Finale. Woran der missratene Auftakt gelegen hatte? Vielleicht war der Alkoholkonsum der Spieler im Trainingslager am Schluchsee („Schlucksee“) Schuld. Oder das mögliche Dopen der algerischen Mannschaft. Dieser Verdacht kam in jüngster Zeit auf, da drei damalige Spieler behinderte Kinder bekamen.

Strauchellage. Karl-Heinz Rummenigge (M.) reckt sich vergeblich, Deutschland verliert bei der WM 1982 gegen Algerien.
Strauchellage. Karl-Heinz Rummenigge (M.) reckt sich vergeblich, Deutschland verliert bei der WM 1982 gegen Algerien.

© picture alliance / baumann

2002/2003 Deutschland – Färöer 2:1, 2:0

Die deutsche Statistik gegen Färöer ist tadellos: zwei Spiele, zwei Siege, beide in der EM-Qualifikation . Überzeugend aber waren die Auftritte nicht. Bei den bisher einzigen Aufeinandertreffen rettete aus deutscher Sicht jeweils Miroslav Klose die Siege. Wenige Woche nach dem WM-Finale gewann der Vizeweltmeister nur mit Mühe in Hannover gegen kleinen Inselstaat, dessen 50 000 Einwohner komplett in das hannoveranische Stadion passen würden. Im Rückspiel dann dauerte es bis zur 89. Minute, ehe Klose vor 6500 Zuschauern das 1:0 erzielte, Fredi Bobic erhöhte in der Nachspielzeit. Deutschland konservierte die Form, fuhr zur EM in Portugal und schied in der Vorrunde aus.

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