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Streit um Nationalhymne: Deutsche Elf: Heute wird wieder gesungen - und geschwiegen

Vor dem Spiel gegen Argentinien am Mittwochabend wird wieder spekuliert, welche Spieler aus dem Team von Jogi Löw bei der Nationalhymne vor dem Spiel stumm bleiben. Wäre es eine gute Idee, die Spieler zum Mitsingen zu verpflichten? Diskutieren Sie mit!

Sie hatten wohl keinen Zauberfuß wie Lionel Messi. Auch von einem Killerinstinkt wie bei Sergio Agüero ist nichts übermittelt. Und doch waren August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und Joseph Haydn vor dem Spiel der Nationalmannschaft am Mittwochabend gegen Argentinien irgendwie präsenter als die Stars des zweimaligen Weltmeisters. Hoffmann von Fallersleben dichtete einst über das „deutsche Vaterland“, in Verbindung mit Haydns Melodie ergibt das die deutsche Nationalhymne. So weit, so gut.

Komplizierter wird es offenbar bei der Frage, ob ein Nationalspieler verpflichtet ist, den Text vor einem Länderspiel mitzusingen.

Die Debatte schwelt seit Wochen. Eigentlich seit dem 1:2 im Halbfinale der EM. Damals schmetterten die Azzurri ihr Nationallied „Fratelli d'Italia“ mit dem Refrain „Lasst uns die Reihen schließen, wir sind bereit zum Tod“ mit tiefster Inbrunst. Auf deutscher Seite aber blieben viele Lippen beim Deutschlandlied zusammengepresst. Für manchen Beobachter war klar: Wer so laut singt wie die Italiener, muss auch motivierter sein und sich mehr mit seiner Nationalität identifizieren als der Gegner. Eine Erklärung für die EM-Pleite war gefunden: Nur Sänger sind Sieger. Eigentlich recht kurz gedacht, für eine lange Diskussion reicht diese These trotzdem.

Im Text der deutschen Hymne geht es um Einigkeit und Recht und Freiheit. Doch das Tohuwabohu der vergangenen Wochen lässt ein wenig daran zweifeln, wie es um diese Grundwerte tatsächlich bestellt ist. Ist es Recht oder Pflicht, den Text laut in das Stadionrund zu singen? Darf also jeder Spieler frei entscheiden, ob er singt oder nicht? Bei den Verantwortlichen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gibt es darauf nur eine Antwort.

„Beim DFB gibt es keine Hymnenpflicht“, sagte Bundestrainer Joachim Löw am Montag und betonte, dass er es „akzeptiere und respektiere“, wenn gerade Spieler mit Migrationshintergrund auf ein Mitsingen verzichteten: „Ich finde es fatal, wenn man den Spielern unterschwellig dann gar den Vorwurf macht, dass sie keine guten Deutschen seien. Die Hymne zu singen, ist wunderschön. Aber das ist kein Beleg für Qualität und Willen der Mannschaft.“ Löw liegt mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach voll auf einer Linie. Der neue DFB-Sportdirektor Robin Dutt kündigte aber an, Jugendspieler künftig früh für ein Mitsingen sensibilisieren zu wollen. Am Dienstag, als die U21-Junioren des DFB in Offenbach auf Argentinien trafen, sangen alle elf Spieler mit - und gewannen 6:1.

Bildergalerie: Die deutsche EM-Elf

Von den A-Nationalspielern werden weiterhin nicht alle die Hymne mitsingen. Sami Khedira reagierte genervt auf das Thema. Er selbst werde der Nationalhymne weiterhin nur lauschen. Dass der Vorwurf kam, er und andere nicht singende Kollegen seien keine „guten Deutschen“ empfand der Schwabe mit den tunesischen Wurzeln als „beleidigend“. „Es ist ein gutes Zeichen, wenn man die Nationalhymne singt. Aber man wird dadurch kein guter Deutscher. Ein guter Deutscher wird man, wenn man die Sprache gut spricht und die Werte lebt. Und das ist bei uns allen der Fall“, erklärte der Mittelfeldspieler von Real Madrid.

„Das Thema wurde künstlich aufgebauscht. Wir wurden 2009 U21-Europameister mit acht Spielern mit Migrationshintergrund. Wir wurden gelobt, und die Hymnen waren überhaupt kein Thema“, sagte Khedira. Bei der WM 2010 wurde das deutsche A-Team als Inbegriff gelungener Integration gefeiert. Ob Lukas Podolski, Mesut Özil und Jerome Boateng sangen oder nicht, war selbst an Stammtischen kaum ein Thema. Es ist auch einfach so, dass sich manche Spieler schämen, laut zu singen, weil sie ihr Gekrächze selbst zum Weglaufen finden.

Man stelle sich vor, einem Spieler unterliefe ein Fauxpas wie einst der Popsängerin Sarah Connor, die den Text nicht kannte und anstatt „Blüh' im Glanze dieses Glückes“ die Zeile „Brüh' im Lichte dieses Glückes“ zum Besten gab. Anders als die meisten Zuschauer im Stadion können die Spieler nicht auf die Anzeigetafel gucken, wo für das Hymnen-Karaoke des Publikums der Text mitläuft.

Gerhard Mayer-Vorfelder kann den Text sicherlich fehlerfrei, forderte das Mitsingen und den Ausschluss für jene Spieler, die es nicht tun. Aber Bälle werden ins Tor geschossen oder geköpft, eher nicht gesungen. Das Thema aber könnte weiter die Gemüter bewegen. (dapd)

Liebe Leserinnen, liebe Leser: Was meinen Sie? Sollten deutsche Spieler gezwungen werden, vor dem Anpfiff die Nationalhymne mitzusingen? Diskutieren Sie mit!

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