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Transitbereich. Die Unterkunft war als Übergangslösung gedacht. Inzwischen richten sich die Flüchtlinge so gut ein, wie es eben geht.

© dpa

Flüchtlingslager Flughafen-Tempelhof: Die Stadt in der Stadt: Sie wollen nur noch weg

Geplant war eine Übergangslösung. Nun gibt es im Flüchtlingslager Flughafen-Tempelhof Gassen und Alleen, ganze Viertel, einen Spielplatz und einen Friseur. Unser Blendle-Tipp

Herr Öge hat sich jetzt einen Schrittzähler an den Gürtel geheftet. Er will wissen, wie viele Meter er pro Arbeitstag in den riesigen Hallen zurücklegt, in denen früher Flugzeuge gewartet wurden und jetzt die Menschen leben, um die sich Herr Öge kümmern soll. 8000 Schritte hat der Zähler für diesen Tag registriert. Das sind etwa fünf Kilometer. Es könnten jetzt, kurz bevor der Tag geschafft ist, noch einige dazukommen.

Kerim Öge ist stellvertretender Standortleiter im Ostflügel des Flüchtlingslagers Tempelhof. Ein 48-Jähriger mit der hohen Stirn eines Studienrats und ausgreifendem Gang, der sagt, dass er nichts vorausplanen könne. Die meiste Zeit führe er Deeskalationsgespräche mit Leuten, denen alles zu viel werde. Da ist zum Beispiel die Frau, die behauptet, geschlagen worden zu sein. Es heißt, ein Mann habe das mit einer Krücke getan. Was Öge erstmal nicht glaubt, weil der betreffende Mann mit der Krücke umfallen würde, wenn er sie für etwas anderes als sein Gleichgewicht einsetzen würde.

Öge seufzt. Könnte ein komplizierter Fall werden. Der Mann ist nämlich mit der Frau, die geschlagen worden sein will, verheiratet. Öge ist skeptisch. Beide sind Moldawier. Er braucht also erst mal einen Übersetzer. Der spricht mit der Frau und sagt: „Sie kann bei Freundinnen unterkommen. Sie zieht einfach drei Waben weiter ein. Die Familie ist zufrieden.“

„Beobachte das“, sagt Öge, „wenn sie sich vertragen, kann sie ja wieder zu ihrem Mann.“

So manche Familie zerbricht daran, in diesem urbanen Transitraum wohnen zu müssen. Einer abgespaltenen Stadt, die aber nicht wie eine funktioniert. Es gibt Alleen und breite Gassen, die von Pritschen und alten Sofas gesäumt sind. Der Belegungsplan sieht in jeder Halle nationale Blöcke vor, ein moldawisches Viertel, ein pakistanisch-afghanisches, ein syrisches. Und es sind Freiflächen für Spiele vorgesehen. Es ist die Behelfsarchitektur einer provisorischen Siedlung.

Das moldawische Ehepaar hat den Weg nach Deutschland mit seinen Kindern gemeinsam bewältigt. Doch im Lager ist die Bindung zerbrochen. Der gehbehinderte Mann ist seiner Frau nur noch eine Last, sagt ...

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