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Gregor Gysi auf der Parteitagsbühne in Bielefeld.

© pa/dpa

Gregor Gysi hört als Fraktionschef auf: Abgang eines Extremisten

Nicht urlaubsfähig. Dauergestresst. Keiner, der Nein sagen kann. Am Dienstag verlässt Gregor Gysi die erste Reihe der Politik. Schaffen sie das – er und seine Partei? Lesen Sie hier einen Auszug und den vollständigen Beitrag im digitalen Kiosk Blendle.

Barbara Erdmann weiß noch genau, wann die Verwandlung stattfand. Es war der 4. Dezember 1989. Über Nacht war aus ihrem Freund Gregor der Politiker Gysi geworden, aus einem Rechtsanwalt ein Mann mit historischem Auftrag, ein öffentlicher Mensch. Zu den Folgen sagt sie: „Das finde ich schon traurig.“

Sie sagt diesen Satz, der eigentlich ein Urteil ist, vollkommen ungerührt. Das mag daran liegen, dass sie ebenfalls Rechtsanwältin ist. Oder daran, dass sie Gysi wirklich und lange kennt. Erdmann sitzt in ihrem Büro am südlichen Ende der Schönhauser Allee, draußen lärmt der Verkehr, drinnen hängen diese Worte in der Luft. Von einem Foto an der Wand schaut Gysi Erdmann aufmerksam über die Schulter.

Sie kennen sich seit 1962. Sie haben zusammen Abitur gemacht und zeitgleich eine Ausbildung zum Rinderzüchter, mit 15 haben beide die Traktoren-Fahrprüfung bestanden, Traktor mit Anhänger, von Norden rein nach Ost-Berlin, über die Klement-Gottwald-Allee und die Dimitroffstraße, beide nach Kommunisten benannt. Sie fuhren hinein in ihre Jugend und in die Hauptstadt eines aufstrebenden Landes, runter zum Alexanderplatz, der damals ein Kreisverkehr war, und wieder zurück. Sie haben zusammen studiert und im selben Rechtsanwaltsbüro gearbeitet, gefeiert, getrunken und einander Freundschaftsdienste geleistet. Und dann war ein gutes Vierteljahrhundert um, das Land ging kaputt, und die Menschen liefen weg.

Jene, die dablieben, wurden mutiger. Erich Honecker wurde gestürzt. Die Mauer fiel. Das allmächtige Zentralkomitee der SED löste sich auf. Am 3. Dezember 1989 wurde ein Arbeitsausschuss gegründet, der die Parteigeschäfte fortführen sollte. Unter den dafür Vorgeschlagenen fand sich auch der Name eines Rechtsanwalts, „Gysy, Gregor“, falsch geschrieben, 41 Jahre alt, Vorsitzender des Ost-Berliner Rechtsanwaltskollegiums, Chef des Rates aller DDR-Bezirks-Anwaltskammern, aufgefallen durch eine Rede auf der Massenkundgebung vom 4. November am Alexanderplatz und einen frechen Auftritt in einer DDR-Fernsehdiskussion. Für ihn war vorgesehen, eine parteiinterne Kommission zu leiten, die Amtsmissbrauch und Korruption im ZK untersucht.

Hier geht es kostenpflichtig (25 Cent) zum vollständigen Beitrag.

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