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Thomas W. wurde Samstagmorgen am Kurfürstendamm gefunden.

© Thilo Rückeis

Toter Obdachloser am Ku'damm in Berlin: Er starb allein, während um ihn das Leben tobte

In der Berliner City stirbt ein Obdachloser. Viele kannten Thomas W., doch niemand wirklich. Die traurige Geschichte hinter der Nachricht. Lesen Sie hier einen Auszug und die ganze Reportage im Digital-Kiosk Blendle.

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Aus einem Polizeiprotokoll: Auffinden des Toten, 6 Uhr 52, vergangener Samstag, vor einem Zeitungskiosk. Mehrere Passanten seien in dieser Minute auf ihn aufmerksam geworden. Es sei kein Schlafplatz aufgebaut gewesen, ein „Einkaufswagen mit diversen persönlichen Gegenständen“ habe dort gestanden. Ort: der Kurfürstendamm, Ecke Joachimsthaler Straße. Ein Platz in Berlin, das Sinnbild einer Großstadtkreuzung, umgeben von Hotels, Einzelhandel und Werbung.

So wild, betriebsam und unübersichtlich, dass dort in den 50er Jahren ein gläserner Polizistenausguck gebaut worden war. Eine Verkehrskanzel, um den Überblick zu behalten und um Ampeln zu bedienen. Die Ampelschaltungen funktionieren längst automatisch, die Kanzel bekam Denkmalschutz. Dort drunter lag er.

Zwei Tage später, kurz nach Montagmittag, liegt eine weiße, langstielige Rose hier auf dem Boden. Eine alte Dame habe sie vorhin vorbeigebracht, sagt der Betreiber des Zeitungskiosks. Der Kiosk befindet sich im Erdgeschoss der Kanzel, der Betreiber sagt, dass er Saban mit Vornamen heiße und den Toten gekannt habe. Er sagt: „Höflich ist der Mann gewesen.“ Jedes Mal habe er Guten Tag und Bitte und Danke gesagt, wenn er ein, zwei Mal die Woche hier Zigaretten gekauft habe.

„Er war ein Netter“, sagt Saban, „ein Deutscher, mit Vollbart.“ Seit ein paar Monaten habe er den Einkaufswagen regelmäßig am Kiosk vorbeigeschoben. „Lidl wahrscheinlich“, aber dass der Mann hier übernachtet habe, das habe er, Saban, nicht gewusst. Nein, Alkohol habe er nie bei ihm gekauft, sagt Saban und schaut über seinen Tresen nach draußen. Die Rose ist weg. Eine Stunde hat sie dort gelegen.

Bei der Stadtmission war der Wohnungslose jahrelang bekannt. Auch hier sprechen sie davon, dass er seine Habseligkeiten im Einkaufswagen mit sich führte. Die Fahrer des Kältebusses der Stadtmission beschreiben ihn als einen netten, höflichen Menschen. 50 sei er gewesen. Thomas W. habe Tee angenommen, sich gern unterhalten und stets „fit“ gewirkt. Er habe aber seine Freiheit behalten wollen.

Zuletzt habe man ihn im Dezember mehrfach besucht. Er habe seine Obdachlosigkeit ganz und gar öffentlich gelebt und zu verstehen gegeben: „Um mich braucht ihr euch nicht zu kümmern.“ Tatsächlich sei er gut ausgestattet gewesen, sagen die Kältebusfahrer, er habe Decken und Schlafsäcke in seinem Einkaufswagen herumgefahren. Soll man so jemanden zwangsverschleppen? Ortrud Wohlwend von der Stadtmission sagt: „Es ist schwer zu ertragen, aber wir müssen respektieren, welchen Tod jemand sterben möchte.“

Und wo. Der Blick vom Pflaster vor dem Kiosk geht zur großen Videowerbewand gegenüber, angebracht am C&A- und Swissotel-Haus, auf der in diesen Tagen Armbanduhren angepriesen werden. Das Café Kranzler liegt in der Sonne, ein Flaschensammler durchstöbert Mülleimer, junge Männer drücken den Vorbeieilenden Flugblätter in die Hand, die Stadtrundfahrten bewerben.

Doch welcher Tod war es überhaupt?

Den ganzen Text lesen Sie für 25 Cent im digitalen Kiosk Blendle.

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