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Pleite. Das Insolvenzverfahren für die Berliner Flexstrom läuft.

© Kai-Uwe Heinrich

Kein Strom?: Was passiert, wenn mein Anbieter pleite ist?

Stromdiscounter wie Teldafax und Flexstrom sind insolvent. Und über eine Million Kunden sind betroffen. Für sie gibt es trotz des Ärgers einen Trost: Der Strom fließt weiter.

Die erste große Pleite gab es 2011: 750 000 Strom- und Gaskunden, die beim Energiediscounter Teldafax unterschrieben hatten, mussten sich über Nacht einen neuen Anbieter suchen. Der Troisdorfer Versorger meldete Insolvenz an. Im Jahr 2013 traf es die 500 000 Verbraucher, die sich ihren Strom vom Berliner Konzern Flexstrom liefern ließen. Auch Flexstrom und die Töchter Flexgas, Löwenzahn Energie und Optimalgrün gingen in die Insolvenz. Im April stellten die Unternehmen die Anträge auf Eröffnung der Insolvenzverfahren, am 1. Juli eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg die Insolvenzverfahren über Flexstrom und die Töchter. Experten schließen nicht aus, dass es weitere Fälle in der Branche geben kann. Gefährdet sind vor allem Discounter, die mit Kampfpreisen Marktanteile gewinnen wollen. Nach Meinung von Verbraucherschützer Holger Krawinkel sind die von solchen Unternehmen angebotenen Tarife oft nicht kostendeckend. „Erst ab dem zweiten oder dritten Jahr verdienen die Discounter Geld“, weiß der Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Kündigt der Kunde aber nach einem Jahr, war der Vertrag für den Billiganbieter ein Minusgeschäft. Und für machen kommt dann das Aus.

Wird der Strom abgestellt?

Die gute Nachricht: Auch bei einer Insolvenz des Anbieters steht man nicht ohne Strom da. Kann der Vertragspartner nicht mehr liefern, rutscht der Kunde automatisch in die Ersatzversorgung, wird also vom örtlichen Grundversorger beliefert. Das ist der Stromlieferant, der am Ort die meisten Kunden hat. Das Problem: Dieser Strom ist teuer. Daher sollten Kunden möglichst schnell entweder in einen günstigeren Tarif des Grundversorgers wechseln oder zu einem billigeren Anbieter gehen. Das Ersatzversorgungsverhältnis kann man mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Wer nichts tut, wechselt nach drei Monaten Ersatzversorgung in die Grundversorgung. Damit ändert sich der Name, aber sonst nichts. Der teure Strompreis bleibt, die kurze Kündigungsfrist auch.

Soll ich kündigen?

Auch wenn der Netzbetreiber den Stromlieferanten abschaltet, endet der Vertrag zwischen dem klammen Versorger und dem Kunden nicht automatisch. Stromkunden müssen selber kündigen, um das Vertragsverhältnis sauber zu beenden, warnt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Nach Meinung der Verbraucherschützer geht das fristlos, weil es dem Kunden nicht zumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen, wenn fest steht, dass ein Stromlieferant nicht mehr liefern kann. Anders sieht es aus, wenn ein Lieferstopp zwar droht, dieser aber noch nicht sicher ist. In diesem Fall empfehlen Verbraucherschützer, den Versorger schriftlich aufzufordern, die weitere Belieferung zu garantieren. Sollte diese Bestätigung nicht kommen, kann man nach Meinung der VZ NRW aus wichtigem Grund kündigen.

Kündigen sollten vor allem Verbraucher, die ihren Stromvertrag erst kürzlich abgeschlossen und ihre Abschläge noch nicht gezahlt haben. Geld, das man per Einzugsermächtigung überwiesen hat, kann man sich innerhalb von acht Wochen nach Belastung des Kontos von der Bank erstatten lassen. Dagegen sollten Kunden, deren Verträge nur noch kurz laufen, oder die größere Beträge vorab gezahlt haben, abwarten. Denn so lange der Anbieter liefert, ist alles gut. In der Insolvenz läuft man dagegen Gefahr, einen Großteil seines Geldes nicht wieder zu sehen. Tipp: Ist der Stromanbieter insolvent, sollten Kunden ihre Zahlungen sofort einstellen und Einzugsermächtigungen kündigen, rät die Verbraucherzentrale Düsseldorf.

Was muss ich sonst noch tun?

Ist ein Lieferstopp angekündigt, notieren Sie den Zählerstand und schicken Sie die Daten dem Netzbetreiber, dem Grundversorger und dem Pleite-Lieferanten. Das ist wichtig für eine Kontrolle der Abrechnung. Nach der Kündigung muss der Anbieter nämlich innerhalb von sechs Wochen eine Abrechnung schicken und ein mögliches Guthaben erstatten. Ist der Stromanbieter insolvent, muss man diesen Anspruch im Insolvenzverfahren anmelden.

Was müssen Flexstrom-Kunden beachten?

Während im Fall Teldafax der Insolvenzverwalter bereits seit Jahren mit Kunden über Erstattungen und Rückstände streitet, geht das Verfahren bei Flexstrom jetzt erst los. Kunden, die noch Geld vom Pleiteversorger bekommen, müssen ihre Ansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Dieser meldet sich bis spätestens Ende September unaufgefordert bei allen Gläubigern und schickt ihnen ein vorgefertigtes Anmeldeformular. Offene Forderungen - Bonuszahlungen, Vorkasse, Kautionen - müssen Sie bis zum 30. Dezember 2013 angemeldet haben. Forderungen, die Sie vor dem 1. Juli 2013 beim Gericht oder beim Insolvenzverwalter angezeigt haben, müssen Sie noch einmal in das offizielle Formular eintragen. Sonst werden Ihre Ansprüche nicht berücksichtigt.

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