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Gro Swantje Kohlhof würde gerne einmal eine außergewöhnliche Rolle spielen und wünscht sich, dass Regisseure Genres mixen – etwa Splatter und Coming of Age.

© Daniel Nartschick

Schauspiel an der UdK: Zwischen zuckersüß und Psycho

Schauspielerin zu werden ist schwer. Gro Swantje Kohlhof hat es bereits bis in den Tatort geschafft.

Zwei Stunden hat Gro Swantje Kohlhof Zeit. Zwischen Proben und Fechttraining. Mehr Zeit bleibt gerade nicht für das Leben außerhalb der Universität. Kohlhof ist im Dauereinsatz. Jeden Tag proben sie und ihre Mitstudenten ein Stück von Bernd Freytag. Es geht um einen Chor der Zukunft, Debatten und Diskussionen bleiben nicht aus. „Das ist eine intensive Zeit“, sagt Kohlhof.

Seit 2014 studiert sie Schauspiel an der Universität der Künste. In der Szene gilt der Satz: „Deine Schule findet dich“. Das trifft auf die 21-Jährige voll und ganz zu. Die Atmosphäre ist familiär, nur zehn Studierende sind in einem Jahrgang, ein gutes Team. Die Nähe zwischen Studenten und Universität zeigt sich schon beim Vorsprechen. „Man ist hier keine Nummer“, sagt Kohlhof. „Das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Berlin ist für die Jungschauspielerin eine bewusste Entscheidung. Die Lust darauf, ihr Handwerk zu lernen, hat sie hierher geführt. Der Stundenplan im Studiengang Schauspiel ist eng getaktet. Sprechübungen, Texte lernen, Proben, Sport. An manchen Tagen verbringen die Studenten zwischen zwölf und 14 Stunden an der Uni.

Während des Gesprächs versinkt sie fast in dem großen Plüschsessel. Zierlich, fast zerbrechlich wirkt sie. Doch in ihrer Stimme liegt Kraft. Der Blick ist klar. Wer mit ihr spricht, der merkt: Kohlhof weiß genau, was sie will. Das zeigt sich auch in der Wahl ihrer Rollen. Es kommt vor, dass sie Angebote absagt, weil das Drehbuch nicht gut geschrieben ist oder ihre Figur nicht trägt. Kunst ist für sie politisch, aber eben auch unterhaltsam. „Als Spieler muss ich nicht immer ein krasses persönliches Anliegen haben“, sagt Kohlhof. „Mein Anliegen ist meine Figur, und die muss ich verteidigen.“

Die Rolle war anstrengend - "Gemütlichkeitslösungen gab es nicht"

Die Welt außerhalb der UdK kennt Kohlhof spätestens seit dem Konstanzer Tatort. Sie spielt darin ein Mädchen, das von einem Mann über Jahre gefangen gehalten wird. Der Fall erinnert stark an die Entführung von Natascha Kampusch, einem Mädchen, das Jahre lang in einem Haus in Österreich eingesperrt war. „Diese Rolle war wirklich anstrengend“, sagt Kohlhof. „Gemütlichkeitslösungen gab es nicht bei meinem Regisseur.“ 15 lange Drehtage hat sie gearbeitet. Eine Ausnahmesituation.

Spätestens seit diesem Tatort wird sie oft in die Rolle des „Psychos“ gesteckt. Eines Mädchens, das in der Geschichte alles andere als normal erscheint. Dabei würde sie gerne einmal eine intelligent-witzige Figur spielen. Eine gute Komödie wäre was für die Zukunft, sagt sie. Oder etwas ganz Außergewöhnliches: Zum Beispiel ein Mädchen, das zuckersüß ist, aber dann doch den Mitmenschen im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf abreißt. Splatter trifft Coming of Age: Sie wünscht sich, dass Filmemacher sich viel häufiger trauen, verschiedenste Genres zu mischen.

Der Beruf des Schauspielers ist alles andere als sicher. Ist man als Typ gefragt? Passen Alter und Aussehen zu angesagten Rollen? Kohlhof kann mit ihren Aufträgen für Fernsehen und Theater derzeit ihr Studium finanzieren. Die Universität gibt ihr frei, wenn längere Drehzeiten anstehen. „Aber es ist immer klar, dass das Studium meine Hauptbaustelle ist“, sagt sie. „Es ist keine Frage, dass ich zurück an die Uni komme.“ Andere Studierende müssen kämpfen, um finanziell zu überleben. Kohlhof gibt sich bescheiden. Viel braucht sie nicht. „Ich gebe Geld für Bier, Zigaretten, Kaffee, Miete und gutes Brot aus.“

Ihre Eltern haben sie einfach mal "machen lassen"

Dass sie Glück gehabt hat, weiß sie. Und dass sie Talent hat. Ihre erste große Rolle spielte sie mit elf Jahren im Kinder- und Jugendtheater. In „Urmel aus dem Eis“ gab sie ihr Bühnendebüt. Dann folgen schnell Rollen beim Film. „Die anderen sind zum Reiten oder Judo gegangen“, sagt sie. „Ich konnte eben besonders gut schauspielern.“ Ihre Eltern haben sie einfach mal „machen lassen“. Schließlich wissen sie, dass Kohlhof mit ihren Jobs Geld verdienen kann. Sie haben ihr viel zugetraut, aber immer dafür gesorgt, dass sie die Bodenhaftung nicht verliert. Das ist bis heute so. Sowieso ist Kohlhof der Kontakt zu Freunden wichtig, die rein gar nichts mit der Künstlerwelt zu tun haben. In etwa anderthalb Jahren wird sie die UdK verlassen. Zieht es sie dann auf die Bühne oder zum Film? Kohlhof will beides machen. Routine im Job möchte sie nicht. „Wenn man beides machen kann, dann fühlt sich vielleicht beides wie ein schöner Ausflug an.“ Auf der Bühne spielt sie live. Sie muss mit den Reaktionen der Zuschauer umgehen. Beim Film gibt es mehr Vorbereitungszeit einen Charakter zu entwickeln. Dafür werden Szenen immer wieder und wieder und wieder gedreht. „Man kann andere Nuancen setzen, die auf der Bühne nicht funktionieren.“

Ein Blick auf die Uhr – die Zeit ist um. Kohlhof muss zum Fechttraining. Auch das gehört zur Schauspiel-Ausbildung. Ein Lächeln, ein Handschlag, dann verschwindet sie hinter der Tür zum nächsten Probenraum.

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