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Designklassiker im Kinderzimmer. Der Däne Verner Panton hätte gegen Schokoladenflecken auf seinem Kunststoffstuhl im Miniformat wohl nichts einzuwenden.

© Vitra

Das perfekte Kinderzimmer: Vom Turmbau zur Kissenschlacht

Eine Architekturpsychologin erklärt, wie man Kinderzimmer richtig einrichtet und welche Möbel sinnvoll sind.

Bären, Prinzessinnen, Rosa, Hellblau. Die Suche nach Möbeln für das Kinderzimmer ihres Sohns Fintan brachte Katrin Klaue fast zur Verzweiflung. „Ich habe eigentlich nie etwas gefunden, was meinen Vorstellungen entsprach“, sagt die Innenarchitektin. Schon früh improvisierte sie und zimmerte die Einrichtung für Fintans Zimmer selbst. Als sie vor vier Jahren mit ihrem Mann nach Bangkok ging, traf sie gleichgesinnte Mütter wie die Fotografin Bianca Thielke. Sie hatte für ihre Kinder einfache Schaumstoffwürfel gebastelt und mit Stoff bezogen. Damit machten die beiden Kissenschlachten, bauten Türme und Burgen oder bastelten sich eine Kuschelecke. „Gemeinsam kam uns die Idee, Kindermöbel zu entwerfen“, sagt Katrin Klaue. Es kam noch eine dritte Mutter hinzu, die sich um die Finanzen kümmerte und die kühnen Pläne in eine Geschäftsidee mit Hand und Fuß verwandelte.  

Die drei Frauen leben heute in Bangkok, Singapur und Potsdam. Seit ein paar Monaten gibt es ihre Firma dekdek, was auf Thai „Kinder“ bedeutet. Das Sortiment besteht bislang aus einem 1,06 Meter hohen Ei mit herausnehmbaren Sitzsack, einer zusammensteckbaren Insel, die entfernt an eine Geburtstagstorte erinnert, aus Würfeln und Quadern, die unter einem Stoffbezug eine Sofasitzecke ergeben, aus individualisierbaren Teppichen und ein paar hübschen Accessoires.

Eine Matratze für Übernachtungsbesuch ist gerade in Arbeit sowie weitere Farben für die Bezüge. „Da ich an der Kunsthochschule Innenarchitektur studiert habe, ist es mir wichtig, dass die Möbel auch als Objekte gut aussehen und ins Wohnzimmer ebenso gut passen wie ins Kinderzimmer“, sagt Katrin Klaue. „Außerdem sind sie zeitlos, regen die Fantasie an und sind multifunktional.“ Alle Stücke werden in Thailand aus hochwertigen und schadstofffreien Materialien angefertigt. Wo man sie bekommt, erfährt man auf www.dekdek.de.

Leicht und multifunktional. Die Objekte von Dekdek lassen der Phantasie freien Lauf – und machen dabei richtig Spaß.
Leicht und multifunktional. Die Objekte von Dekdek lassen der Phantasie freien Lauf – und machen dabei richtig Spaß.

© Dekdek

„Kinder möchten gerne flexibel und individuell gestalten“, sagt die Regensburger Architekturpsychologin Annette Peters vom Büro Toway. „Gut geeignet sind ‚unfertige’ Spielsachen, beziehungsweise Mobiliar, das man selber umfunktionieren kann.“ Die Objekte von dekdek gefallen ihr daher ausgezeichnet.

Die häufigsten Fehler, die Eltern ihrer Erfahrung nach beim Einrichten von Kinderzimmern machen, sei fertige Piraten-, beziehungsweise Prinzessinnenzimmer zu kaufen. „Kinder springen schnell auf diese Möbel an, allerdings verlieren die kitschigen Elemente auch ganz schnell wieder ihren Reiz“, sagt Annette Peters. Ihre Empfehlung lautet daher: Lieber "neutrale" Möbel kaufen, die man selbst dekorieren oder streichen kann.

Immer mehr Firmen mischen auch auf dem Kindermöbelmarkt mit

Vom Hochbett zum Regal. Das Programm "Lanoo" von Jacob Strobel wächst mit den Kindern mit und lässt sich durch wenig Zubehör umbauen und verändern.
Vom Hochbett zum Regal. Das Programm "Lanoo" von Jacob Strobel wächst mit den Kindern mit und lässt sich durch wenig Zubehör umbauen und verändern.

© Team 7

Besonders geeignet seien Möbel aus Holz. „Holz ist das ideale Material für Kindermöbel. Es ist natürlich und gesund, fühlt sich angenehm warm an,  ist widerstandsfähig und stabil und lässt sich ganz leicht reparieren“, schwärmt auch Designer Jacob Strobel. Er hat für das österreichsche Unternehmen Team7 das  „mitwachsende“ Kinderzimmer „Lanoo“ aus Massivholz entworfen. Es besteht unter anderem aus einem Bett, einem Schreibtisch, einem Drehstuhl oder einem Regal mit Schubladen.

„Die Basismöbel werden durch spezielle Zusatzelemente und Accessoires ergänzt, beispielsweise Filz- und Holzgriffe für Schränke, Kommoden und Aufbewahrungsboxen, Klettbänder als variable Befestigung für Utensilios sowie verschiedene Textilaccessoires wie Tagesdecken und Sitzkissen“, sagt Jacob Strobel. Seine beiden Kinder haben die Möbel in der Entwicklungsphase mit getestet. „Sie schlafen heute selbst in ‚Lanoo’-Betten, die wir schon mehrfach zum Beispiel vom Stockbett zum Himmelbett umgebaut haben“, sagt der Designer.

Firmen wie Vitra und Ligne Roset mischen seit einigen Jahren auch auf dem Kindermöbelmarkt mit. Sie haben Klassiker wie den „Panton Chair“ oder den Vollschaumsessel „Togo“ von Michel Ducaroy auf Mini-Maße schrumpfen lassen. Würde sich Verner Panton nicht im Grabe umdrehen, wenn er heute klebrige Schokoladeneisfinger auf seinem Kunststoffstuhl im Kleinformat erwischen würde? Die Antwort lautet wohl Nein, denn der Däne hatte 1959 selbst die Idee, den Stuhl auch für Kinder produzieren zu lassen, die die kräftigen Farben und die geschwungene Form liebten. Das Vorhaben scheiterte aber aus ökonomischen Gründen.

Designklassiker im Kinderzimmer findet Annette Peters prinzipiell keine schlechte Idee. „In ansprechender und ergonomischer Form sind sie sicher auch für die Kinder interessant und nicht nur etwas fürs Eltern-Image“, sagt die Architekturpsychologin. Noch besser fände sie es allerdings, wenn die Firmen zusätzlich „speziell kindgerechtes Mobiliar“ entwerfen würden wie die Möbel der italienischen Firma Play+. „Die Einrichtungsgegenstände sind anregend und vielseitig verwendbar“, sagt sie über die verschiedenen geometrischen Formen aus Schaumstoff mit knalligen Bezügen. „Leider sind sie auch recht teuer und schwer zu beziehen.“

Feine Wülstchen. Die Idee für Togo, das erste Schaumstoffsofa, kam dem Franzosen Michel Ducaroy Anfang 70er Jahre beim Zähneputzen. Die Kinderversion "Mini Togo" gibt es seit 2007.
Feine Wülstchen. Die Idee für Togo, das erste Schaumstoffsofa, kam dem Franzosen Michel Ducaroy Anfang 70er Jahre beim Zähneputzen. Die Kinderversion "Mini Togo" gibt es seit 2007.

© Ligne Roset

Farben spielen nach Meinung von Annette Peters eine wichtige Rolle im Kinderzimmer und sollte mit Bedacht eingesetzt werden. Sie rät dazu, die verschiedenen Funktionsbereiche farblich abzugrenzen, während die Wände einen neutralen Grundton haben sollten. „Die Schlafbereiche kann man mit blauen Wandflächen versehen und Aktionsbereiche mit roten Farbtönen hinterlegen“, sagt sie.

Um das leidige Thema Aufräumen in den Griff zu bekommen, rät sie zu viel Stauraum in geschlossenen Fächern mit einer transparenten Abdeckung. „Oft sind Kinderzimmer überladen mit Spielzeug. Man sollte öfter mal Spielsachen ‚in den Urlaub schicken’, sprich: sie in den Keller bringen“, schlägt Annette Peters vor. Die Wiedersehensfreude sei dann umso größer.

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