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Geteiltes Leid ist lustiges Leid. Harald Marteinstein beim Signieren.

© David Heerde

Zeitung im Salon am 10. März: Die Leiden des Kolumnisten

Ein Kolumnist hat's nicht leicht: Harald Martenstein liest im Tagesspiegel-Salon aus seinem neuesten Kolumnen-Band "Die neuen Leiden des alten M." Und verrät, dass auch er zur "Prokrastination" neigt.

So ein Kolumnist hat’s ja auch nicht leicht. Erst mal muss er ständig neue Ideen haben, das ist in vielen, sogar in kreativen Branchen anders. „In der bildenden Kunst brauchen Sie eine Idee, nur eine. Und das ziehen Sie dann durch. Sie gießen Tiere in Plastik ein. Oder Autos in Beton. Sie verfremden Schreibmaschinen. (...) Wenn Sie Glück haben, kommen Sie mit einer einzigen Idee Ihr ganzes Leben lang über die Runden.“

Nicht so der Autor, der jede Woche mehrfach sprudeln muss. Statt dessen aber erst mal die Küche putzt, einkaufen geht oder E-Mails checkt. Für diese Neigung zum Aufschieben gibt es sogar einen Fachbegriff, die Prokrastination. „Prokrastination ist das nächste große Ding der Psychoindustrie, das nächste ADHS.“ Will der Autor überleben, darf er nicht ewig prokrastinieren, sondern muss sich, verdammt noch mal, hinsetzen. Dann schreibt er etwas, freut sich vielleicht kurz – und schon hagelt es empörte Briefe.

"Sie sind sehr krank. Sie brauchen einen Psychotherapeuten"

Zum Beispiel hat sein Satz „Männer sind trotz allem keine schlechteren Menschen als Frauen“ halb Deutschland zum Toben gebracht – das behauptet der Autor jedenfalls. (Man darf ihm jedoch, behaupten Eingeweihte, nicht jedes Wort glauben.) Und ein Leser namens Wolfgang S. regt sich über einen EU-Kommentar mit folgenden Worten auf: „Ihr jahrelanger Zigarettenkonsum hat Ihnen das Hirn vernebelt. Sie sind sehr krank und brauchen einen Psychotherapeuten.“

Kolumnisten haben es nicht leicht – da ist es nur folgerichtig, dass Harald Martensteins neues Buch genau so betitelt ist: „Die neuen Leiden des alten M.“ heißt es und versammelt Kolumnen aus der „Zeit“ und dem Tagesspiegel. Viele Kolumnen tragen große Titel, behandeln Menschheits- und Martenstein-Leiden wie „Klassenkampf“, „Krankenhäuser“, „Schulnoten“ oder „Böse Hunde“. Andere widmen sich nicht ganz so grundsätzlichen Herausforderungen der Gegenwart wie dem Veggie-Day, intersexuellen Toiletten in Kreuzberg oder der Intimbehaarung. Alle Themen, auch die Behaarung, bürstet er gegen den Strich, provoziert mit diebischer Freude und bringt Leser und Leserin immer wieder zum Auflachen.

Einfach monatlich Geld überweisen

Am 10. März wird Harald Martenstein im Tagesspiegel-Salon aus seinem neuen Kolumnenband lesen und mit dem stellvertretenden Chefredakteur, Arno Makowsky, über Freud und Leid von Kolumnisten sprechen. Zu erwarten ist, anders als der Buchtitel vermuten lässt, ein erfreulicher Abend auch für den Autor selbst, der vermutlich nur wenige Anwürfe im Stil von „Sie sind sehr krank“ zu befürchten hat. Falls aber doch, kann Martenstein mit einem Zitat aus dem Buch antworten: „Wer meine Kolumnen ärgerlich findet, kann mich zum Verstummen bringen, indem er mir einfach monatlich einen Geldbetrag zahlt, mit dem ich mein nicht etwa luxuriöses, sondern eher mittelklassemäßiges Leben fristen kann.“ Na, das ist doch ein Angebot. Hoffentlich nimmt es niemand an.

BUCHVERLOSUNG

Wir verlosen Exemplare des Buchs. Teilnahme unter www.tagesspiegel.de/gewinnen mit dem Stichwort „Salon“ oder per Postkarte an Der Tagesspiegel, Askanischer Platz 3, 10963, bis zum 22. Februar.

Zeitung im Salon mit Harald Martenstein, 10. März, Beginn 19.30 Uhr, Eintritt inkl. Sekt und Zwei-Gang-Menü 24 Euro. Die Veranstaltung ist ausverkauft.

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