zum Hauptinhalt

Zeitung im Salon zu Kenia: Wo die Rosen herkommen

Am Horn von Afrika: Tagesspiegel-Redakteurin Dagmar Dehmer kennt Kenia von Recherchereisen und Familienbesuchen her. Im Verlagshaus berichtet sie am 18. April über die politische Lage in Kenia.

Fast jeder von uns hat schon einmal ein Stück Kenia in den Händen gehalten, ein duftendes Stück Kenia. Aber kaum einer wusste in dem Moment, dass die Blume an seiner Nase den weiten Weg vom Horn von Afrika bis nach Berlin zurückgelegt hat. „Die meisten Rosen, die in Berlin verkauft werden, stammen aus Kenia“, sagt Dagmar Dehmer, die als Tagesspiegel-Redakteurin die Themen Afrika und Umwelt betreut. Neben Tee und Kaffee sind Blumen eines der wichtigsten Ausfuhrgüter – das ostafrikanische Land ist der größte Blumen-Exporteur nach Europa. 2011 waren es nach Angaben des Branchenverbands KFC 121 891 Tonnen Blumen, davon knapp 88 Prozent Rosen.

Aber wie rosig sieht die Zukunft des Landes aus, in dem gerade, aufmerksam verfolgt von der Weltöffentlichkeit, Wahlen stattgefunden haben? Uhuru Kenyatta, der knapp gegen seinen Konkurrenten Raila Odinga gewonnen hat, steht als Angeklagter vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH): Nach den Wahlen vor fünf Jahren soll er Racheattacken gegen andere Ethnien finanziert haben. Bei Ausschreitungen starben damals 1300 Menschen, der IStGH hat deshalb Anklage gegen Kenyatta und seinen designierten Vizepräsidenten William Ruto erhoben. „Bisher sind Gewalttätigkeiten ausgeblieben“, sagt Dagmar Dehmer, die das Land von zahlreichen Reisen her gut kennt. „Aber die Chancen, dass Kenyattas Prozess mit einer Verurteilung endet, sind gesunken.“ Der 51-Jährige hat es leicht, bei seinen Landsleuten Stimmung gegen die „weiße, imperialistische Justiz“ zu machen. Und die Zeugen brechen weg: „Wer sagt schon gegen einen amtierenden Präsidenten aus?“

Für den Westen ist die Situation heikel. Kenia bildet den Kern der ostafrikanischen Wirtschaft. Nairobi ist der einzige UN-Standort in Afrika. Das macht es schwierig, das Land wegen seines Präsidenten zu isolieren. „Damit würde man es in die Arme Chinas treiben“, fürchtet Dehmer. China ist unter anderem am Öl interessiert, das seine staatliche Ölfirma im Südsudan schon lange fördert. Auch in Kenia selbst ist im Nordosten Öl gefunden worden. Chinesische Firmen sind schon lange an großen Infrastrukturprojekten beteiligt und interessieren sich für die Modernisierung des Eisenbahnnetzes. Noch ist man in Kenia auf Schienen aus dem 19. Jahrhundert unterwegs, und landestypische Schwierigkeiten kommen hinzu: „Einmal mussten wir auf der Fahrt durch den Nationalpark eine Stunde lang warten, weil wir mit einer Giraffe zusammengestoßen waren“, erzählt Dehmer.

Dagmar Dehmer kennt Kenia nicht nur von Recherchereisen als Journalistin – sie hat in dem Land auch ihren Mann kennengelernt. Gemeinsam mit ihm und den beiden Kindern besucht sie regelmäßig die Familie in einem Dorf in Westkenia, nicht weit von dem Dorf, in dem Obamas Großmutter lebt. So erhält sie Einblicke ins Alltags- und Festleben, die Europäern sonst verschlossen bleiben. Denn die Touristen, die Kenia zahlreich besuchen, um am Strand zu liegen oder auf Safari zu gehen, bleiben meist in ihren Hotelanlagen beziehungsweise im Schutz ihrer Reisegruppe.

Im Tagesspiegel-Salon spricht Dagmar Dehmer sowohl über die aktuelle politische Lage im beliebten Touristenland als auch über ihre persönlichen Eindrücke. Die Moderation übernimmt Ingrid Müller, leitende Redakteurin, die selbst ausgiebig in Ostafrika recherchiert hat, etwa nach dem Völkermord in Ruanda und nach der Wahlkrise in Kenia 2008.

Am meisten beeindruckt Dagmar Dehmer die Dynamik des Landes. Es ist eine enorm junge Gesellschaft, die ihren Nachwuchs aber nicht sinnvoll beschäftigen kann: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei fast 50 Prozent, die Gewaltrate ist hoch. Umso erstaunlicher findet Dehmer: „Selbst die Menschen, die keinen Grund zur guten Laune haben, haben sie. Die Stimmung dort ist besser als hier.“

Konflikte versuchen Kenianer oft beim gemeinsamen Essen und mit Feiern zu lösen. Auch davon können die Gäste beim Salon einen Eindruck gewinnen: Die literarischen Köche von eßkultur servieren Ugali, einen festen Maisbrei, mit Gemüse, und musikalisch entführt die Gruppe „Afrochanson“ in den Nachbarkontinent.

Dagmar Dehmer berichtet über die politische und allgemeine Lage in Kenia und zeigt Bilder. 18. April, Beginn 19.30 Uhr, Eintritt 18 Euro inkl. Zwei-Gang-Essen und Live-Musik, Anmeldung unter Tel. 29021-520.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false