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Brandenburg: „Thor Steinar“ verklagt Ministerium Mode-Firma will Tilgung bei Verfassungsschutz

Potsdam - Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidentin Winfriede Schreiber hat „gelassen“ auf die Klage der bei Rechtsextremen beliebten Modemarke „Thor Steinar“ reagiert. Deren Hersteller will vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht eine Tilgung aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht durchsetzen.

Potsdam - Brandenburgs Verfassungsschutzpräsidentin Winfriede Schreiber hat „gelassen“ auf die Klage der bei Rechtsextremen beliebten Modemarke „Thor Steinar“ reagiert. Deren Hersteller will vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht eine Tilgung aus dem aktuellen Verfassungsschutzbericht durchsetzen. Dort ist „Thor Steinar“ als „identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten“ genannt, was die in Zeesen (Dahme-Spreewald) ansässige Produktionsfirma „Mediatex“ als ruf- und geschäftsschädigend revidieren lassen will. Schreiber sagte dazu: „Es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, über Erscheinungsformen des Rechtsextremismus aufzuklären. Dazu gehört auch, welche Symbole sie benutzen.“ Und die Kleidung von Thor Steinar sei – nach gemeinsamer Auffassung mit den Berliner Behörden – ein „Kennzeichen“ von Rechtsextremisten.

Mediatex-Anwalt Sascha Jung aus München argumentiert dagegen in der Klage, dass das Innenministerium lediglich über „tatsächlich verfassungsfeindliche Bestrebungen“ zu berichten habe, nicht aber „über von Verfassungsfeinden bevorzugte Haarfärbemittel“, „Kontaktlinsen“, „Essgewohnheiten“ oder „dort bevorzugte Bekleidungsmarken“. Jung, spezialisierter Wirtschaftsanwalt, hat einschlägige Erfahrung mit schlagzeilenträchtigen Prozessen dieser Art. Der frühere Juso-Vizelandeschef in Leipzig, auch Autor der rechtsgerichteten „Jungen Freiheit“ klagte sich 2006 erfolgreich wieder in die SPD ein, die ihn wegen seiner Aktivitäten als Burschenschaftler aus der Partei ausgeschlossen hatte. Und nachdem Jung Ende 2007 den Freistaat Bayern verklagt hatte, weil im dortigen Verfassungsschutzbericht die Münchener Burschenschaft Danubia von 2001 bis 2006 wegen Verbindungen in die rechtsextreme Szene erwähnt war, tauchte die Danubia im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2007 tatsächlich nicht mehr auf.

Brandenburgs Verfassungsschutz hat nicht nur von der „braunen“ Szene benutzte Symbole und Kleidung im Visier. Auf einer Fachtagung in Potsdam machte die Behörde am Freitag darauf aufmerksam, dass Extremisten aller Couleur sich immer aktiver im Internet tummeln: Gab es Anfang der 90er Jahre in Brandenburg nur wenige rechtsextreme Internetseiten. So beobachtet der Potsdamer Verfassungsschutz jetzt 70 rechtsextreme Homepages mit mehr als 900 Unterseiten aus Brandenburg, mit einschlägigen Foren oder Chatrooms, von denen man etwa einschlägige Musik oder Schulhof-CDs herunterladen kann. Für Deutschland insgesamt registrierte „Jugendschutz.net“, eine Zentralstelle der Länder für Internetdelikte, voriges Jahr 1635 Homepages rechtsextremer Art.

„Aber die Szene ist vorsichtiger geworden“, sagte Olaf Dudek, Internetspezialist des Brandenburger Verfassungsschutzes. „Platte Parolen und Hakenkreuze sind out. Man weicht häufig auf ausländische Provider aus.“ Und man nutze moderne Multimediastandards, verschlüsselte E-Mails, treffe sich in virtuellen Räumen, stelle Steckbriefe von politischen Gegnern oder Filme von Einsätzen der Polizei und des Verfassungsschutzes ins Netz. „Dies alles ist keine Modeerscheinung, kein vorübergehender Trend.“ Thorsten Metzner

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