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Thora in Frankfurt an der Oder: Neubeginn mit Schriftrolle

Erstmals seit dem Holocaust besitzt eine Gemeinde in Brandenburg wieder eine Thora. Ein Kommentar von Claus-Dieter Steyer.

In der Chronik des jüdischen Lebens in Brandenburg gebührt dem gestrigen Tag ein wichtiger Platz. Erstmals seit dem Holocaust besitzt eine Gemeinde wieder eine Thora. Üblicherweise wird sie in Synagogen aufbewahrt. Doch in Brandenburg existiert seit der Pogromnacht 1938 kein solches Gotteshaus mehr. Während Dresden 2001 und Chemnitz 2002 die Eröffnung neuer Synagogen feierten und Schwerin in diesem November folgt, wurde in der brandenburgischen Landeshauptstadt noch nicht einmal mit dem Bau begonnen. Hier sammelt ein Verein mit jüdischen und nichtjüdischen Mitgliedern erst Spenden für eine Synagoge im Stadtzentrum.

In dem schleppenden Fortschritt spiegeln sich einige Brandenburger Besonderheiten. Die Mitgliederzahlen immerhin sind beachtlich. Lebten zu DDR-Zeiten im heutigen Brandenburg kaum noch Juden, bekennen sich heute wieder rund 7000 Menschen zu diesem Glauben. In sieben Orten und Landkreisen arbeiten jüdische Gemeinden, mit rund 1200 aktiven Mitgliedern. Es sind fast ausschließlich Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie mussten in den neunziger Jahren unter den weit verbreiteten Vorbehalten gegenüber Fremden leiden.Und bis heute sitzt in vielen Behörden und im Alltag das Vorurteil fest, alle jüdischen Einwanderer aus dem Osten als Russlanddeutsche abzustempeln. Dabei kamen die meisten nach Deutschland, nicht um hier russisches, sondern um jüdisches Leben aufzubauen. Allerdings mangelt es den jüdischen Gemeinden an Geld, um sich selbst zu helfen und in die Umgebung hineinzustrahlen.

Erschwerend kommen interne Probleme hinzu. Oft mangelt es an der Bereitschaft, die deutsche Sprache zu erlernen und zu sprechen. Außerdem werden die wenigen Kräfte noch durch eine Aufspaltung in eine Jüdische Landesgemeinde und die sogenannte Gesetzestreue Jüdische Gemeinde geschwächt. Ein Zusammengehen scheint unmöglich zu sein. Wirklich besorgniserregend aber war die Bitte auf der Einladung zum gestrigen Festakt in Frankfurt. Die Medien mögen doch bitte die Veranstaltung „aus Sicherheitsgründen“ vorher nicht ankündigen, bat die Jüdische Gemeinde. Im November 2006 hatten Neonazis den Gedenkstein für die ehemalige Synagoge geschändet.

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