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Brandenburg: Tornados über Wittstock

Der nächste Schritt in Richtung Bombodrom: Voraussichtlich werden Kampfflieger heute zu Testzwecken den geplanten Schießplatz ansteuern

Wittstock/Dosse. Schon heute werden voraussichtlich die ersten Tornados der Luftwaffe Kurs auf das Bombodrom bei Wittstock nehmen. Die Maschinen werden das Areal des geplanten Luft-Boden- Schießplatzes der Bundeswehr aber nicht überqueren, sondern dicht daran vorbei fliegen, erfuhr der Tagesspiegel aus Militärkreisen (Foto: dpa). Die Besatzungen haben den Auftrag, noch vor Karfreitag die Funktionstüchtigkeit der Funkfrequenzen der örtlichen Bodenleitstelle zu überprüfen, die bei der Aufnahme des Betriebes genutzt werden sollen.

Damit wird die Luftwaffe einen weiteren Schritt in Richtung kurzfristige Inbetriebnahme des Bombodroms gehen. Diese könnte nach dem Stand der Vorbereitungen bereits unmittelbar nach den Osterfeiertagen erfolgen. Detaillierte Flugbetriebsanweisungen für den direkten Anflug des Übungsplatzes, so war zu erfahren, liegen schon in der Schublade. Danach sollen die Übungsziele vorrangig von Norden aus angesteuert werden. Die Platzrunden seien, so heißt es, aufgrund der Proteste der Anliegergemeinden etwas verkleinert worden.

Auch das benötigte Bodenpersonal wurde abkommandiert. Die sogenannten „Range Control Officers“ warten auf ihren Marschbefehl nach Wittstock. Wie berichtet, sind für Anfang Mai bereits vorsorglich Übungstermine an verschiedene Geschwader vergeben worden. Die Vorbereitungen laufen ungebremst weiter, da es bisher keine gegenteilige Äußerung aus dem Verteidigungsministe-

rium gibt, heißt es in Militärkreisen.

Verunsicherung herrscht in der Truppe über die nach wie vor ausstehende offizielle politische Entscheidung. Die administrativen Vorbereitungen seien weitgehend abgeschlossen, sagte gestern eine Sprecherin der Verteidigungsministeriums. Minister Peter Struck (SPD) wolle aber vor seiner endgültigen Entscheidung noch Gespräche mit Vertretern der Kommunal- und Regionalpolitik führen. Druck bekommt der Minister vom Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, die das Bombodrom ablehnen. Die Militärs würden nicht mehr mit einer gerechteren Verteilung der Flugübungen innerhalb Deutschlands argumentieren, sagte der Abgeordnete Winfried Nachtwei. Statt dessen werde darauf verwiesen, dass in der Ruppiner Heide auch das Training taktischer Einsatzverfahren möglich sei. Diese müssen bisher im Ausland geübt werden.

Dennoch kann auf Wittstock verzichtet werden, ohne dass die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr leidet, meinen die Grünen. Im Koalitionsvertrag hatten die Parteien „eine kurzfristige Überprüfung der militärischen Planung einschließlich der Flugbewegungen am Standort Kyritz-Ruppiner-Heide“ vereinbart. Noch werde auf der Ebene der Fraktionsvorstände diskutiert, so Nachtwei. Struck habe zugesagt, dass es „keine Überraschungen“ geben werde.

Auch innerhalb der SPD wird das Thema kontrovers diskutiert. Struck habe ihm gegenüber keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Bombodrom genehmigen werde, sagte der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Prignitz/Ostprignitz/Ruppin/Havelland, Ernst Bahr (SPD). Er geht aber davon aus, dass der Minister zuvor noch mit ihm einen zugesagten Ortstermin vereinbaren wird. Am Freitag hat Bahr dem Minister noch einmal schriftlich seine Bedenken mitgeteilt. Sowohl die Eigentumsfragen als auch das Nachnutzungsrecht hält er für nicht hinreichend geklärt. Außerdem erwartet Bahr von Struck, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Prüfung „nachvollziehbar dargestellt wird“.

Ungeachtet der vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin angekündigten Klage wird damit gerechnet, dass Struck die sofortigen Aufnahme der Trainingsflüge anordnet. „Ich habe dem Minister gesagt, dass er mit Widerstand und gerichtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen hat“, berichtet Bahr. Struck habe geantwortet, dass er „angemessen und gut vorbereitet“ sei. Für Sonntag hat die Bürgerinitiative „Freie Heide“ zu einem Ostermarsch gegen den Schießplatz aufgerufen.

Rainer W. During

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