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Brandenburg: Trennungsgeld: Jede fünfte Zahlung war fehlerhaft

Kommission hat die Überprüfung der Landesregierung abgeschlossen: In fast allen Ministerien wurde geschlampt – am meisten bei der Justiz

Potsdam. Nicht nur in der Justiz, sondern in der gesamten Brandenburger Landesverwaltung ist unberechtigterweise Trennungsgeld gezahlt worden. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) stellte gestern den Abschlussbericht der von der Staatskanzlei eingesetzten Expertenkommission unter Vorsitz von Wolfhart Schulz vor, die die Praxis in allen Ministerien untersucht hatte. Danach sind von 1963 geprüften Fällen 444 Fälle beanstandet worden – jede fünfte Zahlung war demnach unkorrekt. Platzeck wies darauf hin, dass darunter auch Fälle seien, bei denen der Betrag gering war, Akten fehlten oder sogar zu wenig Trennungsgeld gezahlt wurde. Der Regierungschef kündigte an, dass zu Unrecht gezahltes Trennungsgeld zurückgefordert werden soll. „Es ist noch nichts verjährt.“ Die flächendeckende Überprüfung, die kein anderes Bundesland vorgenommen habe, sei richtig gewesen.

Trennungsgeld können Beamte für eine Übergangszeit beantragen, wenn ihr Wohn- und ihr neuer Arbeitsort mehr als 30 Kilometer auseinander liegen. Allerdings müssen sie nachweisen, dass sie umziehen wollen. Dabei habe es die meisten Mängel gegeben, heißt es in dem Bericht, der im Kabinett erstmals diskutiert wurde. So seien Nachweise „oft weder erbracht noch von der Dienststelle eingefordert worden“, so die Prüfer. Außerdem seien die Bewilligungszeiträume für das Trennungsgeld „zu großzügig bemessen“ worden. „Zeiten von einem halben bis zu einem Jahr waren fast schon die Regel.“ Bundesweit üblich sind Zeiten von einigen Monaten.

Die von Schulz, Dozent an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Mannheim, untersuchten Fälle reichen bis Anfang der 90er Jahre zurück. Dabei war die Praxis innerhalb der Landesregierung durchaus unterschiedlich. Die meisten Verstöße fanden die Experten im Justizbereich und den Justizvollzugsanstalten des Landes, wo von 511 Fällen 175 beanstandet wurden. Es folgt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, wo von 728 Fällen 170 beanstandet wurden. In den Aufbaujahren sei dort die Praxis großzügig gewesen, da man Professoren an die neu gegründeten Universitäten locken wollte, hieß es aus Regierungskreisen. Bei den anderen Ressorts halten sich die Auffälligkeiten in Grenzen: Bei der Staatskanzlei wurden sechs von 63 Fällen beanstandet. Im Innenministerium fanden die Experten bei 22 von 276 Fällen Unkorrektheiten. Im Finanzministerium waren 14 von 144 Fällen unkorrekt. Auffällig noch das Wirtschaftsministerium, wo mehr als jeder dritte von 46 Fällen unkorrekt war. Im Bauministerium gab es keine Beanstandung. Dort wurden allerdings auch nur 19 Fälle untersucht, da die alten Akten aus den Anfangsjahren bereits vernichtet wurden. Im Umweltministerium wurden acht von 45, im Bildungsministerium 26 von 54 Fällen gerügt.

Aussagen über Schadenshöhen finden sich im Bericht nicht. In seinem Fazit hebt Schulz hervor, dass es in keinem der Fälle zu überhöhten Zahlungen wegen „gezielten Zusammenwirkens“ von Antragssteller und Bewilligungsstelle gekommen sei. Wegen der Trennungsgeld-Affäre, deren Auslöser eine Überprüfung des Justizressorts war, war der Präsident des Verfassungsgerichtes Peter Macke zurückgetreten. Der Grünen-Spitzenkandidat Wolfgang Wieland nannte das Ausmaß der Fehlzahlungen „erschreckend“. Es sei ein „Flächenbrand“.

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