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Brandenburg: Trockenheit, Hochwasser, Stürme

Umweltexperten befürchten „dramatische Veränderungen“ – und eine Häufung von Katastrophen

Potsdam - Im Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung ist die Welt aus den Fugen geraten. Der große Globus in dem historischen Gebäude auf dem Telegrafenberg lässt sich nicht mehr drehen. Ein Schild bittet Besucher um Verständnis. Während aber dieser technische Defekt bald wieder behoben sein dürfte, sieht es mit dem künftigen Klima in der Region Berlin-Brandenburg nach Meinung führender Wissenschaftler schwieriger aus.

„Wir stehen vor dramatischen Veränderungen“, sagt der Brandenburg-Experte des Potsdamer Instituts, Manfred Stock. „Doch während wenigstens einige Politiker die Zeichen der Zeit erkannt haben, ändert die große Masse der Menschheit ihr Verhalten nicht.“ Das treffe auch auf die Berliner und Brandenburger zu. Ohne persönliche Betroffenheit wechsele niemand seine Gewohnheiten. Der Blick auf den dichten Straßenverkehr und seine Treibhausgase sage alles.

Tatsächlich schrillen beim flüchtigen Betrachten der Prognosen noch keine Alarmglocken. Strenge Winter mit eisigen Temperaturen und Schnee werden nach den Voraussagen kaum noch auftreten. Die Niederschlagsmengen steigen zwar, aber sie kommen als Regen vom Himmel. Dieser fehlt in den Sommermonaten, die heißer und schwüler werden.

„In den nächsten 50 Jahren steigt die Jahrestemperatur in Berlin und Brandenburg um ein bis zwei Grad Celsius an“, meint der Wissenschaftler Manfred Stock. „Doch der Durchschnitt sagt gar nichts. Im Sommer geht uns buchstäblich das Wasser aus. Denn die heißen Temperaturen bleiben nicht ohne Folgen für die Verdunstung.“ Zusammen mit ausbleibenden Niederschlägen führe das zu einem beängstigenden Sinken des Grundwasserspiegels um bis zu 40 Prozent in den nächsten 50 Jahren.

Da haben Palmen oder Weinstöcke, die sich mancher in der wärmeren Mark Brandenburg vorstellt, keine Chance. Steppengras ist die realistischere Vision. Der Anbau von Getreide oder Mais bringt kaum noch ausreichende Erträge. Vor allem die Lausitz, von Tourismus-Experten wegen der jetzt schon langen Sonnenscheindauer als „Sahara Deutschlands“ vermarktet, wird trockener.

Dabei braucht gerade der Süden Brandenburgs jeden Tropfen. Aus den vielen Tagebaugruben der Kohlekraftwerke soll eine riesige Seenplatte werden. Doch ohne Frischwasser von oben oder aus der Neiße und der Schwarzen Elster zur Neutralisierung bleiben die neuen Seen sauer und unbrauchbar für menschliche Vergnügen. Darauf könnten die Ausflügler zwar verzichten, aber auch die übrigen Seen bleiben vom Klimawandel nicht verschont. Starkes Algenwachstum beeinträchtigt die Badefreuden. Waldseen verschwinden. Havel und Spree führen so wenig Wasser, dass sie zeitweise rückwärts fließen. Der Spreewald trocknet aus, die Waldbrandgefahr nimmt zu.

„Doch das Gefährliche am Klimawandel sind nicht nur allgemeine Veränderungen bei Temperaturen und Niederschlägen“, sagt Manfred Stock: „Es kommt verstärkt zu Extremsituationen wie Stürmen, Starkregen, Hochwasser und langer Dürre.“ Das Sturmtief „Kyrill“ könne sich jederzeit wiederholen.

Während das Hochwasser nur Anrainer von Flüssen und die Dürre vor allem die Bauern betrifft, wirken sich Stürme und andere Unwetter auf fast alle aus. „Viele Hauseigentümer werden sich um eine bessere Versicherung gegen Elementarschäden bemühen“, sagt Stephan Kronenberg, Pressesprecher der Victoria-Versicherungen. „Wir stellen schon jetzt verstärkte Nachfragen fest.“

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