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Brandenburg: Über die Grenze zum Kinderkriegen

Polinnen entdecken Komfort deutscher Klinik

Schwedt - Der Gesundheitstourismus über die deutsch-polnische Grenze entwickelt sich jetzt auch in entgegengesetzter Richtung. Reisten bisher vor allem Deutsche zum Zahnarzt nach Polen, kommen nun auch immer mehr Polinnen nach Deutschland, um hier zu entbinden. Im Klinikum Uckermark in Schwedt haben in diesem Jahr schon rund 130 Frauen aus Polen ihr Kind bekommen, im gesamten vergangenen Jahr waren es erst rund 20. In dem Krankenhaus rund 50 Kilometer vom polnischen Stettin entfernt haben sie modernste medizinische Versorgung und allen Komfort und müssen nichts selbst dazubezahlen.

Die europäische Gesetzgebung macht es möglich. Danach darf sich ein Patient im Notfall im Ausland medizinisch versorgen lassen. Die Krankenversicherung seiner Heimat zahlt. „In Notfällen sind wir verpflichtet, Patienten anderer EU-Länder aufzunehmen“, sagt Janusz Rudzinski, Chefarzt der Frauenklinik im Schwedter Krankenhaus. „Ich bin überzeugt, dass viele Polinnen diesen Vorwand benutzen, um zur Entbindung hierher zu kommen. Aber ich bin kein Polizist, um das zu überprüfen“, sagt der Arzt, der vor 25 Jahren aus Polen nach Deutschland eingewandert ist.

„Die Bedingungen hier sind viel besser als in einem polnischen Krankenhaus“, sagt die junge Mutter Adrianna Dubownik aus Danzig. In Polen fehle es an Geld und Personal, sogar beim Essen werde gespart, die Anästhesie oder einen Kaiserschnitt müsse man selber bezahlen. „Und hier ist es auch ganz leicht, sich zu verständigen“, sagt Dubownik. Kein Wunder: Sechs von acht Ärzten auf der Entbindungsstation von Schwedt sind Polen oder polnischer Herkunft.

Dubownik wird mit ihrem Mann eine Woche in Schwedt bleiben. Die Kosten, die zweieinhalb mal so hoch sind wie in Polen, trägt die polnische Krankenversicherung. „Wir werden die Rechnung an die deutsche Krankenkasse schicken, die sie anschließend dem polnischen Gesundheitsfonds NFZ übermittelt, der sie bezahlen muss“, erklärt Chefarzt Rudzinski. Nicht nur für die Patientinnen, auch für das Krankenhaus ist die Regelung von Vorteil: Die Polinnen brachten der Klinik in diesem Jahr schon 300 000 Euro ein.

Der polnische Gesundheitsfonds NFZ kann nichts gegen die Entbindungen in Deutschland unternehmen. „Wenn uns ein Land eine allgemeine Rechnung schickt, sind die Entbindungen nicht gesondert aufgeführt“, sagt Agnieszka Bartczak vom NFZ. Und inwieweit es sich wirklich um einen Notfall gehandelt habe, sei kaum zu überprüfen. AFP

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