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Brandenburg: Ulrikes Mutter heute im Zeugenstand

Tapfer sitzen Kerstin und Detlef Brandt Tag für Tag in Saal 448 des Landgerichts Frankfurt (Oder). Aug in Aug mit dem mutmaßlichen Mörder ihrer zwölfjährigen Tochter Ulrike hören sie, welches Martyrium das lebenslustige Mädchen am 22.

Tapfer sitzen Kerstin und Detlef Brandt Tag für Tag in Saal 448 des Landgerichts Frankfurt (Oder). Aug in Aug mit dem mutmaßlichen Mörder ihrer zwölfjährigen Tochter Ulrike hören sie, welches Martyrium das lebenslustige Mädchen am 22. Februar durchleiden musste. Der Angeklagte Stefan Jahn, ein 25 Jahre alter Sozialhilfeempfänger aus Fürstenwalde, gestand, das Kind mit einem Auto angefahren und dann verschleppt, missbraucht und erdrosselt zu haben. Still müssen die als Nebenkläger beteiligten Eltern seines Opfers die Aussagen des mutmaßlichen Täters verfolgen.

Am heutigen Montag darf die Mutter des Mädchens erstmals öffentlich in der Verhandlung sprechen - als eine von mehr als 30 Zeugen. Kerstin Brandt war es, die nach dem Verschwinden ihrer "Rike" immer wieder Spuren der Tochter fand. Zunächst war es das zerbeulte Fahrrad, mit dem die Zwölfjährige zum Handballtraining radelte. Es lag nur 400 Meter weit weg vom Haus der Familie Brandt in Eberswalde. Wenige Tage später stochert die Mutter aus einem abgebrannten Wagen die Reste einer Haarspange, einer Trinkflasche und eines Rucksacks ihrer Tochter. Auch da noch glauben Polizei und Eltern an einen Unfall oder eine Entführung. Millionen Menschen verfolgen am Fernsehbildschirm zwei Pressekonferenzen, auf denen die Brandts an die mutmaßlichen Entführer appellieren, das Mädchen freizulassen. "Bleib stark, halte durch. Wir sind immer bei Dir, Wir finden Dich ganz bestimmt", sagt die Mutter am 1. März. Eine Woche darauf wird Ulrike gefunden. Ihre Leiche liegt in einem Wald in der Nähe von Werneuchen, 30 Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Drei Wochen darauf nimmt die Polizei den mutmaßlichen Mörder Stefan Jahn fest. Seit dem 10. Oktober muss er sich vor dem Gericht verantworten.

Rechtsanwalt und PDS-Politiker Gregor Gysi als Nebenklagevertreter will den Eltern helfen, die Abläufe der Justiz zu verstehen. Obwohl er in Berlin erst Wahlkampf hatte und nun die Sondierungsgespräche, sitzt der prominente Anwalt an fast jedem Verhandlungstag neben den Eltern des toten Mädchens und beantwortet in den Pausen in ihrem Auftrag die Fragen der Journalisten.

"Den Eltern geht es den Umständen entsprechend gut, obwohl es eine Riesen-Belastung für sie ist", berichtet Gysi. "Sie machen es für ihr Kind." Immer wieder versucht Ulrikes Mutter, die das Geschehen in der Verhandlung aufmerksam verfolgt, Blickkontakt zum Peiniger ihrer Tochter aufzunehmen. Doch der zusammengesunken am Tisch sitzende Angeklagte blickt nach unten, sieht nur ab und an der Richterin oder seinen Verteidigern ins Gesicht. Detlef Brandt hält ab und zu die Hand seiner Frau, die immer wieder ihre Tränen unterdrücken muss. Er wendet seinen Kopf nie in die Richtung des Angeklagten. Manchmal verliert der sympathische Mann mit dem rotblonden Bart die Beherrschung. "Lüge!", ruft er in die Richtung von Stefan Jahn, als dieser sagt, er habe Ulrike nur aus Versehen angefahren, weil er nach einer Schnapsflasche auf dem Beifahrersitz schaute.

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